Schweineschmalz im Blaukraut

In zahlreichen vegetarischen Produkten stecken fleischlich-tierische Bestandteile. Vegetarier-TÜV soll Orientierung bieten  ■ Von Gernot Knödler

Wer hat schon gerne Rindertalg in seiner Gemüsepizza? Die Vegetarierin ganz gewiss nicht. Weil es ein aufwendiges und bisweilen aussichtsloses Unterfangen ist, zu ermitteln, ob Teile toter Tiere in der Packung stecken, kommt jetzt auch in Deutschland das „V-Label“. Der Verbraucherin garantiert es, dass lediglich Milch, Eier und und Pflanzen in der Nahrung enthalten sind. Die Firma Vegis aus Seevetal, die das Label vergibt, macht hierzu regelmässig Stichproben. „Jetzt ist die Frage: Hört die Industrie auf mit der Mogelei im Essen und kennzeichnet die Produkte ehrlich und offen“, sagt Silke Schwartau von der Hamburger Verbraucherzentrale.

Schwartau und ihre KollegInnen haben damit zusammen mit dem Vegetarierbund Deutschland etwas angeschoben, was es in England, der Schweiz und den Niederlanden längst gibt: eine eindeutige Kennzeichnung vegetarischen Essens. Der Markt dafür ist groß. Sieben Prozent der Deutschen lebten vegetarisch, sagt Thomas Schönberger vom Vegetarierbund. Rund ein Viertel der Bevölkerung versuche zudem, seinen Fleischkonsum niedrig zu halten.

Sie alle müssen bis dato im Zweifel mit der Brille durch den Supermarkt pirschen, um das Kleingedruckte auf den Packungen lesen zu können. So entdecken sie dann, dass viele Blaukraut-Konserven Schweineschmalz enthalten, genauso wie Gemüsesuppen oder manche Pizza Margherita.

Fies wird die Forschungsarbeit, wenn die Inhaltsstoffe als E-Nummern verschlüsselt sind, noch fieser, wenn zusammengesetzte Zutaten auf der Verpackung angegeben sind. Sofern sie weniger als ein Viertel des Gewichts ausmachen, müssen sie nicht aufgeschlüsselt werden. Es sei zum Beispiel ohne weiteres möglich, dass die „Fruchtzubereitung“ im Joghurt Gelatine enthalte, sagt Silke Schwartau und spricht hier von einer „Kennzeichnungslücke“. Gelatine wird aus den Knochen und Häuten toter Tiere gewonnen.

Die Gründe fürs VegetarierInnentum sind vielfältig. Es gibt AllergikerInnen, die kein tierisches Eiweiß vertragen, Leute, denen die Vorstellung, Kadaver zu verspeisen, unappetitlich vorkommt und solche mit moralischen Bedenken. Moslems zum Beispiel hätten sich in jüngster Zeit vermehrt beraten lassen, sagt Schwartau.

Auch politische Gründe für Zurückhaltung beim Fleisch-Konsum gibt es reichlich: Für die Produktion von einer Kalorie Schweinefleisch werden drei Kalorien Futter benötigt, für eine Kalorie Milch fünf Kalorien und um ein Rindvieh rauszufüttern wird sogar das Zehnfache an pflanzlichem Futter benötigt. Die Bilanz verschlechtert sich weiter dadurch, dass die Produktion tierischer Lebensmittel viel mehr fossile Energie verschlingt als die Pflanzenproduktion.