Es muss nicht immer Techno sein

■ Stetig auf der Suche nach dem einen gigantischen Moment in der Disco: Der Kölner DJ Hans Nieswandt gibt heute Nacht in der Pfefferbank Nachhilfeunterricht in Housemusik

Hans Nieswandt war es vor allem, der den Lesern des ehemaligen Rockdampfers Spex immer wieder klarzumachen versuchte, was ein DJ ist und Disco mit Clubmusik zu tun hat. Anschauungsunterricht in Sachen House war das, eine Musik, die lange Zeit in Deutschland nicht so recht verstanden wurde. Zu androgyn, zu stampfig, immer dasselbe – so lauteten die haarsträubenden Ressentiments.

Inzwischen hat sich das geändert. In Hamburg, Köln und im Ruhrpott gibt es eine umtriebige House-Szene, die beiden Jungs von Egoexpress kommen sogar in die Charts, und auch in Berlin muss es nicht immer Techno sein. Zu verdanken ist dieses Aufbrechen der Verhältnisse tatsächlich zu einem großen Teil Hans Nieswandt, der immer gezielter ins Produzentenfach wechselte und seine Botschaften von gutem House zunehmend weniger diskursiv mitteilte, sondern im gepflegten DJ-Set. Und mit seiner Band Whirlpool Productions löste er hier zu Lande noch vor Daft Punk die erste kleine House-Sause aus. „From: Disco to: Disco“ ist bereits ein Klassiker, in Italien hatten Whirlpool damit sogar einen Nummer-eins-Hit. Es muss ein Sommer gewesen sein, als dieses Fieber begann, denn „From: Disco to: Disco“ hatte ähnlich schweißtreibendes Abgehpotenzial wie Lou Begas letztjähriger Sommerknaller „Mambo Nr. 5“.

Hans Nieswandt ist Popstar. Hat Familie und schreibt nur noch selten in der Spex, höchstens nochmal Besinnungsaufsätze über das Bahnfahren erster Klasse als DJ. Um Whirlpool ist es etwas ruhiger geworden. Ihre nächste Platte soll jedoch gerüchteweise auf einem Major ganz groß herauskommen. Was Whirlpool schon in bewundernswerter Weise gelungen ist, konnte Hans Nieswandt auf seiner Soloplatte „Lazer Musik“ perfekt fortführen: die theoretische Beschäftigung mit Musik durchschimmern zu lassen, ohne House durch etwaigen Akademismus seine immanente Euphorie zu nehmen. „Lazer Musik“ ist voller Verweise. Die Musik verdankt vieles Disco, zitiert dandyesken Siebziger-Glam, bedient sich bei englischem Achtziger-Pop und sagt auch schon mal ja zu Kitsch. Alles funkelt, glitzert, beschreibt die Suche nach großen Momenten.

Die Musik ist die eines Hedonisten, der weiß, was gut für sein Publikum ist. Sich wohl fühlen und auch schon mal Drogen nehmen gehört dazu. Autoren-House im besten Sinne: Die subjektive Sicht der Dinge wird so verpackt, dass sie sich nicht als Ergebnis eines abgeschlossenen Prozesses betrachtet, sondern mit denen kommunizieren möchte, denen Nieswandt alles verdankt. Und das sind vor allem die Menschen, die auf seine Partys kommen. Für diese legt er immer wieder gerne auf. Und er kann großartig auflegen.

Andreas Hartmann

Ab 23 Uhr, Pfefferbank, Schönhauser Allee 176a, Mitte