Ökolandbau in der Chefetage

■ Hardy Vogtmann ist neuer Präsident des Bundesamtes für Naturschutz. Er will Landwirtschaft und Naturschutz versöhnen

Berlin (taz) – Deutschlands amtlich bestellter oberster Naturschützer hat sich eine fast unlösbare Aufgabe vorgenommen: die Versöhnung von Landwirtschaft und Naturschutz. „Die alten Feindbilder müssen verschwinden“, ist der 57-jährige Agrarwissenschaftler und Experte für Ökolandbau Hardy Vogtmann überzeugt. Der designierte Chef des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) wird heute von Umweltminister Jürgen Trittin offiziell in sein neues Präsidentenamt eingeführt. Damit steht zum ersten Mal ein ausgewiesener Ökolandbau-Experte an der Spitze der obersten Naturschutzbehörde.

Das BfN, das zum Umweltministerium gehört, ist mit seinen rund 250 Mitarbeitern für alle Fragen des Artenschutzes zuständig. Es berät die Bundesregierung, genehmigt die Ein- und Ausfuhr geschützter Tier- und Pflanzenarten und ist für die Naturschutzgebiete zuständig.

Auch wenn Vogtmann auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bauernverband und dem Landwirtschaftsministerium setzt, die Konflikte sind schon absehbar. So berichtete vor kurzem die Berliner Zeitung, dass Vogtmann ihr gegenüber für Landwirte „eine angemessene Entschädigung durch den Staat“ gefordert habe, wenn „sie zu Gunsten seltener Tiere und Pflanzen auf Erträge verzichten“. Die Landwirte hatten sich zu früh gefreut, denn so rigoros habe er das nicht gesagt. Er vertritt eine moderatere Position und will sich für einen Kompromiss einsetzen.

Vogtmann sei ein „international anerkannter Wissenschaftler und ausgewiesener Fachmann“, der bei Naturschutzverbänden und Landwirtschaft großen Respekt genieße, sagte Trittin im Oktober, als er seine Wahl bekannt gab. Der in Essen geborene Vogtmann studierte in den 60er-Jahren an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich Landwirtschaft und Lebensmittelwissenschaften. Nach drei Jahren in Kanada übernahm er dann 1971 die Leitung des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL) im Schweizer Oberwil. Am FiBL hat Vogtmann dann die Voraussetzungen mitgeschaffen, dass der ökologische Landbau in der Schweiz aus seinem Nischendasein herauskam. Sieben Jahre leitete er das Institut, bis er dann 1981 an der Universität GH Kassel den bundesweit ersten Lehrstuhl für ökologischen Landbau übernahm.

Vor zwei Jahren – Vogtmann war inzwischen Präsident des Hessischen Landesamtes für Regionalentwicklung – wurde sogar die Regenbogenpresse auf ihn ausmerksam, als Prinz Charles Vogtmann privat besuchte. Schon in den 80er-Jahren hatte Letzterer als persönlicher Berater dem Prinzen geholfen, dessen Landgut in Gloucestershire auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen.

Der neue BfN-Präsident ist außerdem ein scharfer Kritiker der grünen Gentechnologie. So forderte Vogtmann auf der Grünen Woche in Berlin das Landwirtschaftsministerium auf, eine von der Kohl-Regierung übernommene „unsägliche“ Jubelbroschüre zur grünen Gentechnologie einzustampfen und sich was anderes einfallen zu lassen.

Wolfgang Löhr