Chile bekommt wieder ein sozialistisches Staatsoberhaupt

■ Ricardo Lagos gewinnt die Stichwahl gegen einen Pinochet-Vertrauten. Er selbst profilierte sich im Wahlkampf als Sozialdemokrat europäischer Prägung. Künftig will Lagos der Präsident aller Chilenen sein

Buenos Aires (taz) – Mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Putsch gegen Salvador Allende bekommt Chile wieder einen sozialistischen Staatschef. Am Sonntag gewann Ricardo Lagos, ein langjähriger Gegner von Ex-Diktator Augusto Pinochet, die Stichwahl gegen seinen konservativen Gegenkandidaten und Pinochet-Vertrauten Joaquín Lavín. Auf den Kandidaten der regierenden „Concertación“ entfielen 51,32 Prozent der Stimmen, für Lavín stimmten 48,68 Prozent der Wahlpflichtigen. Lavín gratulierte Lagos zum Sieg. In einer ersten Ansprache rief Lagos seine Landsleute zur Einigkeit auf. Er wolle Präsident aller Chilenen sein und die „Wunden heilen, die geblieben sind“. Der Jurist und promovierte Wirtschaftswissenschaftler tritt sein Amt im März an.

Lagos wird das erste sozialistische Staatsoberhaupt des Landes sein, seit Präsident Salvador Allende im September 1973 von Pinochet mit Hilfe der CIA in einem Staatsstreich gestürzt worden war. Der 61-Jährige steht damit der dritten „Concertación“-Regierung in Folge seit der Rückkehr zur Demokratie 1990 als Staats- und Regierungschef vor. Dabei ist Lagos der erste Kandidat des aus Christdemokraten (PDC) und linksgerichteten Parteien bestehenden Bündnisses, der nicht aus dem Lager der PDC kommt. Beim ersten Wahlgang Mitte Dezember hatten weder Lagos noch Lavín die erforderliche absolute Mehrheit erringen können. Im Wahlkampf bemühte sich der künftige Staatschef um ein Profil als Sozialdemokrat europäischer Prägung.

Bericht Seite 10, Kommentar Seite 12, Portrait Seite 13