Kohls Ehre ruht

■ Ex-Kanzler unter Druck: Er soll Namen der Spender nennen oder Ehrenvorsitz abgeben. Schäuble dagegen bleibt: CDU-Vorstand spricht ihm Vertrauen aus. In Hessen werden derweil Unions-Büros durchsucht

„Die CDU Deutschlandsentschuldigt sich bei ihrenjüdischen Mitbürgernfür die Entgleisung.“

Berlin (taz) – Wolfgang Schäuble ist aus dem Duell mit Altkanzler Helmut Kohl als Sieger hervorgegangen. Kohl wurde ins Exil geschickt, Schäuble bleibt Parteivorsitzender.

Der Vorstand sprach Schäuble gestern mehrheitlich das Vertrauen aus. Gleichzeitig beschloss er, massiven Druck auf den Exkanzler auszuüben: Kohls Ehrenvorsitz soll so lange ruhen, bis er die Namen der anonymen Spender nennt, von denen er nach eigenen Angaben von 1993 bis 1998 zwei Millionen Mark illegal erhalten hatte. Gegen diesen Beschluss haben sich nur der Bremer CDU-Chef Bernd Neumann und der rheinland-pfälzische CDU-Parteivorsitzende Christoph Böhr ausgesprochen.

Für die Behauptung der hessischen CDU, ihre 32 Millionen Mark Schwarzgeld stammten aus „jüdischen Vermächtnissen“, bat die CDU-Spitze um Verzeihung: „Die CDU Deutschlands entschuldigt sich, wie die hessische CDU, bei unseren jüdischen Mitbürgern für die Entgleisung“, verlas Schäuble nach den Vorstandssitzungen.

Kohl selbst hatte an den Sitzungen nicht teilgenommen. Schäuble hatte am Morgen noch mit ihm gesprochen, „und dieses Gespräch hat den Beschluss notwendig gemacht“, erklärte er. Kohl scheint nach wie vor uneinsichtig: „Was das Verhalten von Kohl angeht, bin ich ratlos“, sagte der sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf.

Die Bereitschaft des Vorstands, Kohl zu erpressen, war offensichtlich ein Grund dafür, dass Schäuble nicht – wie er morgens noch vorhatte – zurückgetreten ist. Der zweite Grund sei gewesen, dass er gemerkt habe, „alle stehen hinter ihm“, sagte Rita Süssmuth zur taz. Die Ex-Bundestagspräsidentin ergänzte: Der Beschluss sei „kein Befreiungsschlag“. Von so etwas Schwerwiegendem kann man sich nicht an einem Tag befreien.“ Schäuble werde auch auf dem Parteitag im April wieder für den Parteivorsitz kandidieren, sagte der Spitzenkandidat für die Landtagswahl in NRW, Jürgen Rüttgers: „Es war falsch, dass wir uns als Kohlianer und Nichtkohlianer haben auseinanderdividieren lassen“, erkannte Rüttgers, der noch vor wenigen Tagen selbst als Schäuble-Nachfolger gehandelt wurde.

Bundeskanzler Schröder kritisierte die Entscheidung der CDU-Spitze: Sie habe weder zur Aufklärung noch zur Selbstreinigung der Union etwas beigetragen. Er behauptete: „Wir als Bundesregierung gewährleisten, dass weder die politischen Institutionen noch Deutschlands Image im Ausland Schaden nehmen.“

Während man in Berlin heftig über den Parteivorsitzenden stritt, stellte die Wiesbadener Staatsanwaltschaft in den Räumen der hessischen CDU-Geschäftsstelle, des früheren Schatzmeisters Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein und des ehemaligen CDU-Finanzberaters Horst Weyrauch Unterlagen als Beweismittel sicher. Dessen ungeachtet gibt sich die hessische CDU wenige Tage nach Aufdeckung ihres Skandals wieder selbstbewusst: Das von der SPD angekündigte Misstrauensvotum werde man gut überstehen, tönte Regierungssprecher Dirk Metz. Karin Nink/Tina Stadlmeyer