Plattenspieler der Heimat

■ Klein, nett und toll: Mit seinem Projekt Wunder hat der Kölner Elektroniker Jörg Follert House nach Hause geholt

Der, die, das House – so klang es aus der Rundumdeklination des vergangenen Jahrzehnts – kann auch ein sehr privater Ort sein. Vo-ranschreitendes Alter, die Suche nach Wärme und Geborgenheit und der korrespondierende Wunsch nach einer möglichst angenehmen Umgebung haben auf produzierender wie komsumierender Seite den Umgang mit vordergründigenRhythmen verlangsamt und verflauscht.

So kam es, dass sich - zumindest in der post-hysterischen Generation – einlullende Beat-Arbeiten wie des Briten Matthew Herberts sanftes Groove-Spektakel Around The House gegenüber allen Adrenalin- und Testosteron-getriebenen Großbeat-Attacken als deutlich langlebiger erwiesen. Dies ist die Verlängerung der (imaginierten) Party in den ewigen Sonntagnachmittag hinein, den wir außer in stilvollen Konsumtreffs auch an flexiblen Medienarbeitsplätzen immer um uns wollen – Tatsachen, welchen Peter Kruder, Richard Dorfmeister und eine Handvoll anderer Kuschel-Elektriker ihr gut gesättigtes Leben verdanken.

Hier kommen wir endlich zu Jörg Follert, der in diesem ästhetischen Jet Set sicherlich auch mitfliegen könnte. Mit Wunder, so der Name seines ersten eigenen Projekts, mischte und filterte der Kölner, der für einen deutschen Musiksender als Screen- und Audio-Designer arbeitet, eine geschmackvolle Plattensammlung auf Albumlänge und verschaffte damit der wissenden Klientel ein Gefühl von gut gemachter Heimat. Trotz denkbar unterschiedlicher Herangehensweise ein dem Auflegen von Lieblingsliedern nicht unähnliches Prinzip. Genau das ist es, was Follert jetzt tut – einen Ausflug mit einer Tasche voll netter Beats, Soul und anderer melodischer Freundlichkeiten.

Begleitet wird er von Thorsten Lütz, mit dem er auch das Label Karaoke Kalk betreibt. Dort erschien unlängst – und hier schließt sich der Kreis – neues Material der Wave-Überlebenden Donna Regina. Übergreifend bezeichnender Titel der von Herbert mitproduzierten, schön-sentimentalen Platte: A Quiet Week In The House. Dafür werden auch gene gut laufende Konzepte beendet- und das Wunder war ein temporäres. Nach Remixen von Mike Ink und dem Tied & Tickled Trio (unter dem Namen Wechsel Garland) macht Follert vielleicht und irgendwann was anderes. Hauptsache klein und nett, passenderweise im Pudel Club, dem Wohnzimmer der Lebenskünstler.

Holger in't Veld

So, 23. Januar, 22 Uhr Golden Pudels Klub