Hundert Prozent Diepgen

Dass er einmal von einer Spendenaffäre profitieren würde, hätte sich der junge Eberhard Diepgen (Foto) wohl nicht träumen lassen. Dennoch zementiert der notwendige personelle Neuanfang auf Bundesebene auch die Position des Berliner Landesvorsitzenden und Bärenliebhabers. „Der oberste Grundsatz ist jetzt Kontinuität“, sagte gestern der CDU-Abgeordnete Andreas Gram, der zur Diepgen-kritischen Union 2000 zählt. Diepgens Wiederwahl als Parteichef beim CDU-Parteitag im Februar gilt als sicher. „Alles andere wäre Quatsch“, so Gram.

Seit 17 Jahren steht Diepgen an der Spitze der Berliner CDU. Das hat Kohlsches Format. Der seit einiger Zeit angekündigte Generationswechsel wurde erneut verschoben. Ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht. Auch ohne die Spendenaffäre könnte Diepgen mit seiner Wiederwahl rechnen.

Aber noch nie war er so wertvoll für seine Partei wie heute: Diepgen strahlt Sicherheit und Stabilität aus, er ist beliebt, er gilt als integer. Er war schon immer auf Distanz zu Kohl.

Eine Kontinuität an der Berliner CDU-Spitze erscheint um so wichtiger, als ein personeller Neuanfang auf Bundesebene als unabdingbar erachtet wird. „Die CDU kann sich nur mit einer unbelasteten Führung regenerieren“, sagte Gram. Eine Ansicht, die quer durch die Berliner CDU geht. Der Initiator des liberalen Zukunftskreises, Andrew Campbell, glaubt, „dass Schäuble die Verantwortung übernehmen muss“.

Diepgens innerparteiliche Gegner hatten in den vergangenen Tagen versucht, den CDU-Landeschef auf Schäubles Posten wegzuloben. Marcus Mierendorff, einer der jungen Diepgen-Gegner in der Fraktion, sagte unverblümt: „Wir würden ihn für so eine Aufgabe gern freistellen.“ Doch der Schuss ging nach hinten los. „Diepgen steht gestärkt da“, sagt auch der Schöneberger Kreisvorsitzende und ehemalige Generalsekretär Gerhard Lawrentz. „Dass Diepgens Name für den Bundesvorsitz genannt worden ist, wird seine Gegner mit Sicherheit sehr alt aussehen lassen.“

Erneuerung gibt es in der Berliner CDU nur mit, nicht gegen Diepgen. Gemeinsam mit CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky hält er die Fäden fest in der Hand. In die Fraktionsspitze und in den Senat sind junge Kräfte nachgerückt. Eine Verjüngung zeichnet sich auch bei der im Februar anstehenden Neuwahl des Generalsekretärs ab. Diepgens gestärkte Position wird ihm dabei zupass kommen. Auf seine Kritiker aus der Union 2000 wird er weniger Rücksicht nehmen müssen. Diepgen hat zwar das alleinige Vorschlagsrecht, doch braucht er beim Parteitag eine Mehrheit für seinen Kandidaten.

Einstweilen hoffen die Berliner Christdemokraten inständig, dass der Berliner Landesverband in der Spendenaffäre weiter außen vor bleibt. „Wir haben zwar alles gecheckt“, sagt Lawrentz, „aber wenn so etwas hochkäme, wäre ich sehr enttäuscht.“ Ralph
Bollmann, Dorothee Winden

Foto: AP