Kinowelt wächst über die Kinowelt hinaus

Berlin (taz) – Die Kinowelt Medien AG könnte sich am eigenen Erfolg verschlucken: Der geplante TV-Sender, der 2001 auf Sendung gehen soll, wird nach Angaben der Börsenzeitung zu erheblichen Anlaufverlusten führen. Finanzvorstand Eduard Unzeitig sprach gegenüber dem Blatt von einer „dreistelligen Millionensumme“, die bis 2003 in schwarze Zahlen verwandelt werden soll. Zudem hat das Unternehmen um die Rechte für die Fußballbundesliga mitgeboten, was bei Erfolg den bisherigen Börsenliebling ebenfalls finanziell beuteln wird. Prinzipiell macht die Strategie Sinn: Bereits heute ist Kinowelt Vermarktungspartner von elf Fußballvereinen von der Regionalliga bis zur Bundesliga. Das Interesse an den Fußballrechten bezieht sich vor allem auf die Verwertung der Spiele im Internet, per Video sowie eventuelle Live-Übertragungen. Finanziert werden soll die Expansion des einstmaligen Filmverleihers über eine Wandelanleihe. Kapitalerhöhungen sind nicht geplant.

Außerdem will sich Kinowelt in Kürze an einer Internet-Firma beteiligen, die noch im ersten Halbjahr 2000 an die Börse gehen soll.

Falls all diese Pläne in Erfüllung gehen, sollen aber nur für zwei oder drei Jahre geringere Ergebnisse und Umsätze erzielt werden, so Unzeitig. Dem schenken jedoch weder Anleger noch Analysten Glauben: Namhafte Investmentbanken zogen ihre Kaufempfehlungen für Kinowelt zurück, teiweise verlor die Akte ein Viertel an Wert.

Auch im Filmrechtehandel lief das Geschäft für Kinowelt in der letzten Zeit nicht nur erfolgreich: Zwar hat das Unternehmen rund 10.000 Kinofilme und 600 Folgen von Fernsehserien im Lager. Doch ein kürzlich für 560 Millionen Mark vom US-Studio Warner Brothers erstandenes Filmpaket war wohl zu teuer eingekauft: Nach Angeben der Süddeutschen Zeitung wollte Kinowelt durch den Weiterverkauf der Rechte mindestens 700 Millionen Mark einspielen. Doch die großen deutschen TV-Sender winkten reihenweise ab, da das Angebot neben wenigen Spitzentiteln zu viel Schrott enthielt.

fra, stg