Mit Ökostrom-Firmen auf Du und Du
: Grandios verschätzt

Berlin (taz) – Der Ökostrom-Anbieter Lichtblick will die Auseinandersetzung mit den traditionellen Stromkonzernen verschärfen. „In Kürze wenden wir uns an das Bundeskartellamt“, sagt Lichtblick-Geschäftsführer Heiko von Tschischwitz. Der Hilferuf in Richtung der Wettbewerbsbehörde richtet sich gegen die Wechsel- und Netznutzungsgebühren, die die Stromversorger ihrer neuen Konkurrenz in Rechnung stellen. Der Hamburger Stromversorger HEW etwa verlangt eine Wechselgebühr von 49 Mark, wenn ein Haushalt seinen Strom von einem neuen Anbieter beziehen will. Unter anderem diese Kosten machen es den Ökoanbietern schwer, KundInnen zu werben – ein Grund für die Flaute, in der die Ökostrombranche in diesen Tagen steckt.

Außerdem will sich Lichtblick bei der Bonner Wettbewerbsbehörde über die hohen Netzzugangsgebühren beschweren. Zwischen 11 und 16 Pfennig pro Kilowattstunde gelieferten Stromes verlangen die Traditionskonzerne von den kleinen Anbietern – dafür, dass die Leitungen zur Verfügung gestellt werden. „Im benachbarten Ausland, in Finnland oder Schweden zum Beispiel, liegen die Netzzugangsgebühren um ein Drittel niedriger“, weiß von Tschischwitz.

„Die Branche steht jetzt richtig unter Druck“, so Bernd Weber, Vorstand beim Alternativ-Anbieter Unite. Die Zahl der heute rund 30 Firmen, die im wesentlichen umweltfreundlichen Strom liefern, werde in nächster Zukunft erheblich zusammenschmelzen, prognostiziert der Unite-Vorstand.

Der wichtigste Grund dafür liegt aber nicht im teilweise unfairen Wettbewerb seitens der alten Stromkonzerne, sondern in der bis heute sehr geringen Wechselbereitschaft der KundInnen. Hoch geschätzt, haben in den fünf Monaten seit Beginn des Stromwettbewerbs nur rund 150.000 von etwa 40 Millionen Haushalten bundesweit den Anbieter gewechselt. Von den Wechslern entschieden sich vielleicht 15.000 für umweltfreundlichen Strom. Das sind immerhin 10 Prozent der Abtrünnigen – kein schlechtes Ergebnis im Vergleich zur marginalen Rolle, die die saubere Energie bisher spielte.

Alle Neulinge bleiben deshalb meilenweit unter ihren Prognosen. Unite etwa wollte bis Ende 1999 an die 2.000 KundInnen erreicht haben, konnte bislang aber erst knapp 700 gewinnen. In den Dateien von Lichtblick stehen rund 2.000 Haushalte, während man eigentlich schon 15.000 erreicht haben wollte. Zwar haben sich auch die großen Verbundunternehmen verschätzt, was die Wechselbereitschaft der KundInnen angeht. Doch die haben den längeren Atem, weil sie über viel größere finanzielle Polster verfügen. Das kleine Polster der Ökostrombranche wird außerdem noch durch den höheren Produktionspreis für Strom aus Fotovoltaikmodulen und Windrädern aufgefressen. Hannes Koch