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Schutz gegen Kälte und Genickbruch

Arbeitsamt startet Projekt für Jungunternehmer: Sieben Monate für eine gute Idee  ■ Von Sandra Wilsdorf

Garage: Das klingt nach Öl-Gestank, Fahrrädern, deren Reifen schon vor ewigen Zeiten die Luft ausgegangen ist, Rasenmähern, die Winterschlaf halten und Dingen, die niemand mehr braucht. Bei „.garage“ soll hingegen jeder an Bill Gates und Apple Macintosh denken, an Decken, die ohne Tapete auskommen, an junge Leuten mit guten Ideen, viel Energie und wenig Geld. Denn „.garage“ ist ein Projekt des Arbeitsamtes für Menschen unter 29, die arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, und die eine Idee haben, mit der sie sich selbständig machen wollen.

Sie sitzen in einem 400 Quadratmeter großen Raum in der City Nord an mobilen Schreibtischen, mit mobilen Rollcontainern, und jeder arbeitet an seiner eigenen Existenz. Maximal sieben Monate haben sie Zeit, ihre Idee zu Geld zu machen. So lange gewährt ihnen die „.garage“ Unterschlupf, bekommen sie Management auf Zeit und Geld vom Arbeitsamt. „Wir haben keine festen Seminare“, sagt Projektleiter Hajo Streitberger.

Wer keine Ahnung von Vertrieb hat, dem wird er für eine kurze Zeit abgenommen, dann muss er übernehmen. „Über Mehrwertsteuer reden wir, wenn jemand Geld macht“. Wer ein Logo braucht, bekommt es. Regelmäßige Gespräche sollen helfen, sich über Stärken und Schwächen, Selbstverständnis und Ziele klarzuwerden. Zu den drei Projekt-Mitarbeitern kommen zusätzlich engagierte Freie, die für das jeweilige Thema kompetent sind.

Ausstattung und Personal der „.garage“ zahlt die Bundesanstalt für Arbeit, die Deutsche Bank Stiftung Alfred Herhhausen gewährt besonders kapitalschwachen Gründern einen Zuschuss von 5.000 Mark und das Hamburger Arbeitsamt zahlt den „.garage-kraftstoff“, Geld für den Lebensunterhalt – obwohl die meis-ten der Jungunternehmer noch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe haben. Auf diese Weise können sie alle Kraft in ihre Idee investieren. Die Höhe des Geldes orientiert sich an individuellem Bedarf und BAFöG-Satz.

Die TeilnehmerInnen sind so vielfältig wie ihre Ideen: Die 20-jährige Sandra Meyer will gemeinsam mit Mike Lonski, der eine Ausbildung zum Dekorateur abgebrochen hat und arbeitslos ist, Hosen entwerfen und produzieren. Die Architektinnen Tina Weidauer und Melanie Rohde vermessen für Architekten Häuser, Räume, Bäume. Tänzer Peter Sokhegyi entwirft Shows mit Tanz und Akrobatik, Architekt Robert Wendker kreiert Häuser, „die sich verändern, wie Ihr Leben, sie wachsen, schrumpfen, je nachdem.“

Superleichte Brillen zum Auseinandernehmen, eine Medienagentur, die Kinder zum Lesen verführt, eine Casting-Agentur für skurrile Menschen: Diese Ideen gibt es in der „.garage“ schon, die noch Platz für 22 weitere junge Menschen hat. Denn vor dem Punkt kann alles stehen, was eine gute Idee ist. „.garage steht für Mut und blutige Nasen“, sagt Streitberger, „unser Management soll den Genickbruch verhindern“.

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