Auch Lothar Späth und Max Streibl waren Mitflieger

Wen Politiker mit der Wirtschaft fliegen, nimmt es oftmals ein böses Ende. Am dollsten trieb es mit 550 Einsätzen Lothar Späth. Aber auch der Bundeskanzler ließ sich chartern

Nicht zum ersten Mal bringen Dienstreisen im Firmenjet einen Politiker in Bedrängnis. Am dollsten hatte es der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth (CDU) getrieben. Von rund einem Dutzend Firmen ließ er sich zu mehr als 550 Flügen einladen. Als die Affäre 1990/91 aufflog, musste der Regierungschef seinen Hut nehmen.

Die Ausflüchte gleichen sich stets. Durch die Nutzung der Firmenjets, so Späth damals, sei der Steuerzahler entlastet worden. Schließlich hatte der Ministerpräsident eine besonders rege Reisetätigkeit entfaltet. An der Spitze eines Mittelstandslandes müsse er sich auch um die heimische Industrie kümmern, hatte Späth erklärt. „Dazu muss ich mich auch einladen lassen und frei bewegen können“, so der Vielflieger“. Ursprünglich war Späth auf Landeskosten unterwegs, doch bereits 1982 klopfte der Landesrechnungshof dem reiselustigen Politiker auf die Finger.

Vor einem Untersuchungsausschuss räumte Späth allerdings ein, dass die von der Industrie bezahlten Reisen einen Schatten auf die Unabhängigkeit des Ministerpräsidenten werfen könnten. Obendrein hatte sich der ranghöchste Politiker im „Ländle“ auch zu Privatreisen einladen lassen. Späth beteuerte jedoch, er habe sich stets unabhängig gefühlt. Es sei auch in anderen Bundesländern üblich, dass Kabinettschefs gemeinsam mit Firmenvertretern zu Terminen flögen oder auf deren Kosten Dienstreisen unternähmen.

Wohl wahr. Auch im sozialdemokratischen Nordrhein-Westfalen entfalteten die Ministerpräsidenten Johannes Rau und Wolfgang Clement auf Kosten der Westdeutschen Landesbank eine rege Reisetätigkeit, von der Rau offenbar auch Flüge zu seinem Urlaubsdomizil nicht ausnahm. Häufigster Gast an Bord war Finanzminister Heinz Schleußer, der bislang 46 Flüge zugegeben hat.

Auch der heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ließ sich in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident gerne von einem Unternehmen einladen, an dem das Land beteiligt war. 1996 eilte er auf Kosten des Volkswagen-Konzerns zum Wiener Opernball. Erst nach Protesten orderte er eine Rechnung, allerdings nur über den Preis eines Linienflugs.

Besonders dreist trieb es der verstorbene CSU-Politiker Max Streibl. Von dienstlichen Anlässen konnte meist keine Rede sein, wenn er mit seinen „Amigos“ aus der Wirtschaft in den Jet stieg – auch wenn für den Gönner bisweilen einen verbilligtes Landesdarlehen heraussprang. 1993 musste Streibl als Ministerpräsident zurücktreten. Ralph Bollmann