Breites Solidaritätsbündnis

Im Umfeld des Mehringhofs in Kreuzberg hat sich ein Unterstützer-Komitee für die verhafteten angeblichen Mitglieder der Revolutionären Zellen gebildet ■ Von Wolf-Dieter Vogel

Nicht immer kann man sich seine Freunde aussuchen. Und so fand eine Resolution, in der sich neben Grünen und PDS auch die SPD auf der Kreuzberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwoch gegen die „Kriminalisierung des Mehringhofs“ stark gemacht hatte, bei den Autonomen Sympathie. Immerhin erntete die Nachricht auf einer Vollversammlung zur Polizeiaktion vom 19. Dezember am Donnerstagabend im Mehringhof Gelächter.

Bündnispolitik, wenn auch nicht unbedingt mit Kreuzberger Sozialdemokraten, wird in der Solidaritätsarbeit mit den als mutmaßlichen Mitgliedern der Revolutionären Zellen (RZ) verhafteten Harald G., Axel H. und Sabine E. groß geschrieben. „Wir wollen ein relativ breites Spektrum, von den Autonomen bis zu kirchlichen Gruppen und dem Brandenburger Flüchtlingsrat mobilisieren“, sagt Dominique John von der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (FFM). Und zumindest für die beiden Berliner Gefangenen sind die Voraussetzungen günstig: Mehringhof-Hausmeister Axel H. hat das Alternativzentrum mit aufgebaut, FFM-Mitbegründer Harald G. hielt für seine Gruppe intensiven Kontakt zu zahlreichen kirchlichen und karitativen Organisationen.

Entsprechend treffen bei der FFM und auf der Homepage (www.freilassung.de) seit Wochen Briefe aus aller Welt ein: Vom Flüchtlingsrat Niedersachsen, von der NGO-Plattform Picum, von den französischen Grünen. Solidarität auch vom Bundeskongress entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (Buko). Für dessen Sprecher Thomas Weyland ist die Verhaftung des Buko-Mitarbeiters Harald G. eine Aktion, mit der „das Eintreten gegen menschenunwürdige Flüchtlingspolitik kriminalisiert werden soll“. In der FFM wird diese Einschätzung mit gemischten Gefühlen betrachtet: Die Arbeit der Gruppe werde jetzt stark behindert, sagt John. Ziel der Polizeiaktion sei aber die Verhaftung der angeblichen RZ-Mitglieder gewesen. Die Rolle der RZ ist ein Thema, das auch im UnterstützerInnenkreis, der sich im Mehringhof gebildet hat, diskutiert wird. Zielte die Kriminalisierung explizit auf antirassistische Arbeit? Oder soll vor allem die Struktur der seit Jahren praktisch aufgelösten RZ nachträglich aufs Korn genommen werden? Und so tauchte ein Plakat mit dem Titel „Jedes Herz ist eine revolutionäre Zelle“ auf, mit dem den Sabotage-Aktionen der Ex-Militanten gehuldigt wird, während andere die „unreflektierte RZ-Nostalgie“ für anachronistisch halten.

Zunächst aber behindern solche Widersprüche nicht die praktische Arbeit. Am 14. Februar soll in der Humboldt-Universität eine Großveranstaltung stattfinden. Die angepeilten Themen: Antirassismus in den Achtziger- und Neunzigerjahren, die darin eingebundene Politik der RZ, der Antiterror-Paragraf 129 sowie die Kronzeugen-Regelung. Weitere kleinere Veranstaltungen und Soli-Konzerte sind geplant.

Um das nötige Kleingeld – rund 10.000 Mark monatlich – aufzutreiben, will die zuständige Finanzgruppe nun das Mehringhof-Umfeld zur Kasse beten. Das Geld, so die Kalkulation, soll die Soli-Arbeit übers Jahr retten.