Marienfeld verlässt die Truppe

Die Wehrbeauftragte will nicht noch einmal kandidieren – Chancen hätte die CDU-Frau ohnehin nicht gehabt. Ihr Jahresbericht geißelt den rot-grünen Sparkurs ■ Von Markus Wierz

Berlin (taz) – Ein letztes Mal hat Claire Marienfeld ihr Jahresresumee als Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags dazu genutzt, Alarm zu schlagen: Die Bundeswehr gehe schweren Zeiten entgegen. Bei der Aussprache über ihren Jahresbericht 1998 warnte Marienfeld gestern vor dem Parlament in Berlin einmal mehr vor zu starken Einsparungen. Liegenschaften, Geräte und die Motivation der Truppe drohten zu verfallen. Sie selbst will die tief greifenden Einschnitte, die der Truppe „absehbar bevorstehen“, nicht mittragen: Am 29. April, wenn ihre fünfjährige Amtszeit ausläuft, wird sie aus dem Wächteramt ausscheiden.

„Jemand aus der Regierungsmehrheit“ könne den Soldaten den neuen Kurs besser vermitteln, erklärte einer ihrer Sprecher. In Koalitionskreisen hieß es indes, man hätte die CDU-Abgeordnete ohnehin kein zweites Mal nominiert.

Mit Blick auf die geplante Strukturreform der Bundeswehr warnte Marienfeld, die Truppe werde leiden, wenn weiter der „Virus“ der Unsicherheit grassiere. Es reiche nicht aus, Änderungen nur zu definieren. Wichtig sei auch die „Form der Vermittlung in die Truppe hinein“, so die 59-Jährige. Von Verteidigungsminister Scharping verlangte sie Wahrheit und Klarheit über seine Pläne.

Scharping dankte Marienfeld für ihr „geschätztes Engagement“. Gleichzeitig wies er ihre Kritik zurück. Die Bundeswehr werde auch künftig „für Männer und Frauen ein attraktiver Arbeitsplatz sein“.

Wie auch andere Redner ihrer Partei kritisierte Marienfeld den Sparkurs der Regierung. Die Bundeswehr stehe im Kosovo vor ihrer größten Einsatzherausforderung, ohne entsprechend gerüstet zu sein. Die Wehrbeauftragte appellierte an den Bundestag, die in ihrem Jahresbericht aufgezeigten Mängel zu beseitigen. Zufrieden stimmt Marienfeld hingegen, dass die rechtsextremistischen Vorfälle in der Bundeswehr „deutlich“ zurückgegangen seien. Für 1999 erwarte sie „fast eine Halbierung“ der einschlägigen Vorkommnisse. Grund dafür seien politische Schulungen, die Dienstaufsicht und eine „konsequente Ahndung rechtsradikaler Vorfälle“.

Marienfeld ist die erste Frau, die als Wehrbeauftragte öffentlich ihre Finger in die Wunden der Truppe legen durfte. Trotz „anfänglicher Akzeptanzprobleme“ und Kontroversen mit der politischen Bundeswehrführung falle ihre persönliche Bilanz nach fünf Jahren Wächteramt „uneingeschränkt positiv“ aus.

Die Bundeswehr der Zukunft werde völlig anders aussehen, prophezeit die glühende Verfechterin der Wehrpflicht. Anders auch, als Marienfeld sind das wünscht. Stets habe sie versucht, den Mittelweg zwischen Politik- und Truppeninteressen zu gehen. Das scheine ihr jetzt nicht mehr möglich. Deshalb empfiehlt sie einen Nachfolger, der die Sparpläne der Regierung unterstützt. „Ich will mich da nicht verbiegen müssen.“