Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäsche

■ SPD-Mitglieder des Untersuchungsausschusses zur CDU-Spendenaffäre rechnen mit neuen Erkenntnissen zu der Frage, ob beim Verkauf von Leuna an den französischen Konzern Elf Aquitaine Korruption im Spiel war

Die Namen sind bekannt: Walther Leisler Kiep, Ex-Schatzmeister der CDU, Ex-Bundeskanzleramtsminister Friedrich Bohl, der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Werner Münch, Ex-Bundesverkehrsminister Günther Krause und Ex-Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Agnes Hürland-Büning. Alle sind Mitglieder der CDU. Alle werden in dem Rechtshilfeersuchen des Genfer Untersuchungsrichters Paul Perraudin an die Augsburger Staatsanwaltschaft von Ende 1999 als „Helfershelfer“ des Lobbyisten und Geschäftsmannes Dieter Holzer bezeichnet.

Gegen Holzer, der beim Verkauf der ostdeutschen Raffinerie Leuna als Vermittler zwischen der Kohl-Regierung und dem französischen Mineralölkonzern Elf Aquitaine auftrat, ermittelt die Schweizer Justiz wegen des Verdachts des Betrugs, der Urkundenfälschung und der Geldwäsche. Bei der Leuna-Privatisierung sollen über Holzers Konten in der Schweiz und in Liechtenstein Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen sein. Einige seiner Konten wurden nun gesperrt.

Den Mitgliedern des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur CDU-Finanzaffäre kommen die Ermittlungen der Schweizer gerade recht. Der Obmann der SPD-Fraktion, Frank Hofmann, rechnet mit neuen Erkenntnissen zu der Frage, ob beim Leuna-Verkauf Korruption im Spiel war. Die angekündigte eidesstattliche Erklärung von Holzer, es habe im Zusammenhang mit der Leuna-Privatisierung keine Schmiergeldzahlungen gegeben, beeindruckt da nicht.

Um mehr Licht in die Affäre zu bringen, wollen die Ausschussmitglieder der Koalition von den Bundesministerien und der Verwaltung geklärt haben, wer Ende Mai 1992 eine Dienstreise nach Monaco zum Formel-Eins-Rennen „Großer Preis von Monte Carlo“ gemacht hat. In Frage kommt etwa der damalige Verkehrsminister Günther Krause. Krause, der in dem Schreiben von Perraudin als „Transportminister“ bezeichnet wird, soll sich mit Dieter Holzer und dem mittlerweile mit internationalem Haftbefehl gesuchten ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten und Ex-Staatssekretär Holger Pfahls getroffen haben. Zu der illustren Runde gesellte sich auch der Unterhändler von Elf Aquitaine, Hubert Le Blanc-Bellevaux.

Bis dato hatte sich Krause vehement dafür eingesetzt, dass die wirtschaftlich lukrativen Minol-Autobahntankstellen nicht zusammen mit der Leuna-Raffinerie an Elf Aquitaine verkauft werden sollten. Nun, nach dem Treffen anlässlich des Rennens, hat Krause seine Meinung geändert. Elf sollte auch die einträgliche Minol-Kette bekommen. Von da an war Minol nicht mehr Thema bei den offiziellen Verhandlungen zwischen Elf und der Treuhand. In einem Vermerk aus Treuhandunterlagen vom 17. Juni heißt es: „Zu den Autobahntankstellen lehnt Elf jegliche Verhandlungen ab.“ Es habe ein Gespräch zwischen Le Blanc-Bellevaux und Krause gegeben, dort sei „die Frage geklärt worden“. Weder Treuhand-Mitarbeiter noch Mitarbeiter des Verkehrsministeriums wussten Genaueres. Was mag den Verkehrsminister zum Umdenken bewogen haben?

Holzer, der zum Freundeskreis von Franz Josef Strauß zählte und unter dem Decknamen „Baumholder“ auch für den Bundesnachrichtendienst (BND) gearbeitet haben soll, hat nicht nur dieses Treffen in Monaco organisiert. Auch wenn er nun sagt, er habe Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) nie persönlich gesprochen und ihm auch nie eine Spende gegeben, muss er engste Kontakte ins Kanzleramt gehabt haben.

Ein Vermerk von Holzer über ein Gespräch mit führenden Elf-Leuten und Walther Leisler Kiep in dessen Wohnort im November 1993 an das Bundeskanzleramt bekam von einem Kanzleramtsbeamten die Anmerkung „Quellenschutz für Herrn Holzer“, bevor das Papier an das Bundesfinanz-und an das Bundeswirtschaftsministerium weitergeleitet wurde.

Auch Agnes Hürland-Büning soll nach den Ermittlungen der Genfer Staatsanwälte „regelmäßige berufliche Beziehungen“ zu Holzer gehabt haben. Die Ex-Staatssekretärin wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der Leuna-Privatisierung mit einigen exorbitant lukrativen Beraterverträgen versorgt (s. unten).

Neben Verträgen mit der Firma Thyssen, die für den Leuna-Verkauf ein Konsortium mit Elf gebildet hatte, gab es auch einen vertraulichen Beratervertrag mit Dieter Holzer. Insgesamt hat Amiga-Agnes mehr als acht Millionen Mark kassiert. „Agnes, ich wusste gar nicht, dass du so eine tolle Beraterin bist“, soll selbst CDU-Chef Schäuble gestaunt haben. Wegen ihrer Verwicklungen in den CDU-Spendenskandal lässt sie nun eine weniger lohnende, dafür aber angesehene Beratertätigkeit ruhen: ihre Mitarbeit in der Wehrstrukturkommission. Karin Nink