Kein Bierstopp im Closed Shop

■ Global denken, lokal einladen – eine Erkenntnis aus Hamburgs Fußball-Winter? Im Vergleich zum Berliner Masters hat der Wandsbek-Cup einen authentischen Charme

Als Karl-Heinz Kause sich endlich zum Getränkestand vorgekämpft hatte, stand für die dort Beschäftigten erst einmal Akkord-Arbeit an. Hundertmal gezapften Gerstensaft orderte der Präsident des Meiendorfer SV für seine Kicker – Lohn dafür, dass sie kurz zuvor den Wandsbek-Cup erfolgreich verteidigt hatten. Nicht nur die Bierverkäufer hatten in der Wandsbeker Sporthalle gut lachen. Der Wandsbek-Cup zog bei seiner vierzehnten Auflage trotz beschränkter Hallenkapazität knapp 1.500 ZuschauerInnen an. Und war damit nach dem Ratsherrn-Cup die bestbesuchte Indoor-Veranstaltung in Hamburgs Fußballwinter.

Die Organisatoren setzen seit dem ersten Turnier 1987 konsequent auf den lokalen Charakter ihrer Veranstaltung: Zwölf Teams aus dem Bezirk Wandsbek wetteifern alljährlich um die inoffizielle Bezirksmeisterschaft. Das Teilnehmerfeld ist ein „Closed shop“: Erst wenn sich Vereine auflösen, werden neue Plätze frei. So musste der Meiendorfer SV bis 1999 warten, ehe durch die Fusion zweier Teilnehmer eine Einladung an den Club verschickt wurde. Der nahm dankend an und hat das Turnier seither zweimal gewonnen.

Die Beschränkung auf ein regionales Teilnehmerfeld ist auch dem Organisator des Ratsherrn-Cups, Horst Peterson, empfohlen worden, seit die spielerische Qualität und der Zuschauerzuspruch im gleichen Maße sinken. Der Reiz, den gerade Mannschaften wie Slavia Prag oder Spartak Moskau ausstrahlten, spricht gleichwohl gegen die Degradierung des Turniers zu einer norddeutschen Hallenmeisterschaft.

Allerdings ist die Jahr-2000-Ausgabe des Turniers bei weitem nicht so debakulös verlaufen, wie es zahlreiche Unken prophezeit hatten. Vergleicht man die Alsterdorfer Veranstaltung mit dem Berliner Qualifikationsturnier zum DFB-Hallenmasters, neigt sich die Waage eindeutig zugunsten von Peterson und Co. Minutenlanges „Musik“- Gedröhne zwischen Boney M. und Bizet während der Spiele, ein Hallensprecher, der die Hertha-Fans kurz nach deren aufmunternden Sprüchen („Wir bauen eine U-Bahn von St. Pauli bis nach Auschwitz“) bescheinigt, ihr Team „ganz toll“ zu unterstützen – unter DFB-Regie lief eine Absage an den Fußball ab.

Probleme mit delirierenden Hallensprechern („Eine Torflut, eine Torflut“) hatten die kleineren Turniere in Hamburg jedenfalls glücklicherweise nicht. Der Eimsbüttel-Cup, einen Tag nach dem Ratsherrn-Cup ebenfalls in der Alsterdorfer Halle ausgetragen, setzte auf eine Mischung aus regionalem Charakter und interessanten Gäs-ten. Neben drei Eimsbütteler Vereinen spielten auch der Lüneburger SK und der mecklenburgische FC Schönberg 95 mit. Ob dieses Konzept aufgegangen ist, lässt sich allerdings schwer beurteilen. Der Zuschauerzuspruch litt jedenfalls unter der Übersättigung, die nach drei Turnieren in den fünf Tagen zuvor eingetreten war.

Insgesamt werden in Hamburg beide Modelle, häufig auch in Mischform, praktiziert: Die Mehrheit der Teilnehmer aus der eigenen Region, dazu ein, zwei Zugpferde, die für das heimische Publikum attraktiv sind und ihre jeweiligen Fans mitbringen. Bestes Beispiel: St. Paulis Amateure, die in Reinbek und Geesthacht als City-Solitär gegen ein geballtes Feld von Vereinen aus Hamburgs Südosten antraten. Dem Kiez-Nachwuchs gebührt neben Vorwärts Wacker Billstedt auch die Auszeichnung als fleißigste Parkett-Künstler. Beide Clubs traten an einem Tag gleich bei zwei Turnieren an und teilten ihre Kader auf. Pech für St. Pauli, dass einer ihrer Keeper gerade nicht spielen konnte. So musste ein Mannschaftsbetreuer ins Gehäuse, der sich mit elf Gegentoren in vier Spielen zwar tapfer schlug, das Vorrunden-Aus aber nicht verhindern konnte. Manchmal geht die napoleonische Strategie des „Getrennt spielen – vereint siegen“ eben doch nicht auf. .

Folke Havekost