Weiter im Diskurs wie gehabt

■ Die Ausstellung“ „Neunzehnhunderneunundneunzig“ im Kunsthaus zeigt Arbeiten der letztjährigen Hamburg-Stipendiaten

Das Positivste zuerst: Die Kultursenatorin konnte beim Wein nach der Ausstellungseröffnung zwei weitere Stifter für je ein Hamburg-Stipendium gewinnen. So wird es auch im Jahr 2000 wieder zehn Hamburger Arbeitsstipendien für bildende Kunst geben. Und die Bewerber, die die Vorauswahl dafür geschafft haben, können ab Freitag auf Kampnagel öffentlich Einblick in ihre Arbeit geben. Die neuen Stifter zu überzeugen, half die im Kunsthaus gewohnt klar präsentierte Ausstellung der letztjährigen Stipendiaten. Den Raum teilen sich von Dieter Viegs magischer Punktmalerei bis zur kindgerechten Mitmach-Installation mit Film von Cecile Noldus zehn Kunstpositionen höchst verschiedener Art, was aber in der Natur der Sache selbst liegt.

Der erfolgreichste von allen Stipendiaten ist Christian Jankowski, der auch für die letztjährige Bienale di Venezia ausgewählt war. Er ist inzwischen so beschäftigt, dass er hier eine neue Arbeit zeigt, die zur Zeit auch im Kunstmuseum Wolfsburg bei der „German open“ zu sehen ist: Die im Studio von Dolly Buster gedrehte Videoproduktion „Create Problems“. In affirmativer Ästhetik verbinden sich Sexfilmlook, Amateurspiel und Paartherapie zu einem ziemlich komischen Produkt.

Wir erfreuen uns auch an „Bildern mit kleinen Fehlern“: So nennt Frank Roeseler seine eiförmig gekreiselten Monochromien, in denen er aus der Bewegung mit dem dicken Pinsel heraus ganz langsam sein individuelles Actionpainting einkreist. Es ist einer der ganz an den Anfang zurückgehenden Versuche einer „Malerei nach dem Tod der Malerei“, einen anderen macht Mari Susanne Kollerup, die lustvoll-naive Erinnerungen in blassfarbenen Bildern reflektiert.

Dass die Theoretikerin Ania Corcilius Probleme hat, ihre kunstverlegerische Arbeit auch ausstellungskünstlerisch darzustellen, ist klar. Ins Zentrum der vergrößerten Überschriften ihres Urbanistik-Magazins Superumbau stellt sie selbst die Frage „Ist das noch Kunst?“. Und sie gibt als Antwort die nur scheinbar naive Gegenfrage „Warum fragen sie das?“.

Ja, warum wollen Publikum und Kritik eigentlich immer alles in Kategorien packen? Warum wird jedes Jahr von den Künstlern wieder erwartet, mit anschließendem Welterfolg die Kunst neu zu erfinden? Das Hamburg-Stipendium ist hinreichend erfolgreich und sicher auf der Höhe der Zeit, auch wenn die Zeit nun einmal nicht besonders auf der Höhe der Kunst ist: unscharf und irgendwie bloß auf der Durchreise, wie die Installation von Doris Schneider. In langen Belichtungszeiten versucht sie mit der Camera Obscura Bilder des eigenen Körpers zu fassen, die verwaschen Fotografien treffen auf schwarzweiße Bündel und einen Hut, auf ahnungsvolle Fußspuren und verlorene Augen.

Vielleicht weil es individuell doch keine besondere merkbare Zäsur ist, hat sich auch an der Milleniumsgrenze das Spiel mit allen denkbaren Ausdrucksmöglichkeiten nicht präzisiert, auch wenn schon, wie auf Plakat und Katalogumschlag, die Sonne sich verfinstert. So geht es denn weiter im Kunstdiskurs wie gehabt. Und wir sagen mit Benita von Laffert: Peng kraa Broock, Tak wok Puff, Rax bong Aghoo, Zack frronk Uff, Vroom groo Wrrronk.

Hajo Schiff

 „Neunzehnhundertneunund-neunzig“, Kunsthaus, Klosterallee, bis 27. Februar;

Bewerber zum 20. AStBK: K3 auf Kampnagel, 28. Januar bis 6. Februar