Alle Museen in Bremen machen dicht

■ Die Kultur-Management-Gesellschaft hat ein Horrorszenario errechnet: Der Bremer Kultur droht demnach ein historisch einmaliger Kahlschlag

Die Bremer Kulturszene steht vor einem in der Nachkriegsgeschichte einmaligen Kahlschlag. Wie aus einem internen Papier der neuen Kultur-Controlling-Gesellschaft „kultur.management.bremen“ (KMB) hervorgeht, steigt das Defizit im Kulturbereich nach der bisherigen Finanzplanung des Senats im Jahr 2005 auf fast 28 Millionen Mark an. Selbst durch einen spürbaren „Leistungsverlust“, also durch radikale Schließungen und einen massiven Stellenabbau, kann das Defizit nach diesen Berechnungen allenfalls halbiert werden. Ohne Einrichtungen beim Namen zu nennen, beziffert das KMB-Papier die Spareffekte durch Betriebsschließungen auf 12 bis 15 Millionen Mark. Diese Summe entspricht dem Zuschuss an alle Bremer Museen (rund 14 Millionen Mark) oder die gesamte Stadtteilkultur vom KITO bis zum Brodelpott (rund 3,2 Millionen Mark) plus Volkshochschule (rund 11,3 Millionen Mark).

Wie berichtet, fehlen Kultursenator Bernt Schulte (CDU) in diesem Jahr rund zehn Millionen Mark. Unter dem Titel „Szenario zur Entwicklung des konsumtiven Kulturetats“ hat die KMB das Defizit bis zum Jahr 2009 hochgerechnet. Bei als „optimistisch“ bezeichneten Tariferhöhungen von jährlich 1,5 Prozent und einer Steigerung von sonstigen Betriebskosten in Höhe von einem Prozent erhöht sich das Defizit im Jahr 2005 auf über 28 Millionen Mark, um am Ende des Jahrzehnts auf 33 Millionen Mark zu klettern. Im Klartext: Es geht dabei um die Finanzierung des Status quo und nicht um Zuschusserhöhungen, wie sie zum Beispiel die Kunsthalle 1999 bekommen hat.

Die KMB unter ihrem Geschäftsführer Volker Heller hat sich nach dem lapidaren Hinweis, dass „ein Szenario selbst kein Kürzungsvorschlag ist“, Gedanken darüber gemacht, wie dieses Defizit ausgeglichen werden kann. Dafür haben die RechnerInnen allerdings sämtliche Kostenerhöhungen (Tarife, Energie, Inflation) ignoriert und gehen in ihrer Prognose von einem eingefrorenen Kulturetat aus. So kommen sie auf ein Minus von 17,3 Millionen Mark im Jahr 2005 und stellen fest: Diese Einsparungen können durch erhöhte Eintrittsgelder und andere Einnahmesteigerungen nicht ausgeglichen werden. Das Gleiche gilt für einen „sozialverträglichen Personalabbau“ sowie für „proportionale Kürzungsquoten“ – sprich: das Rasenmäherprinzip. Die AutorInnen des Szenarios halten die Ein-sparung nur mit einem Mix aus Einnahmeerhöhungen (bis zu 2,5 Millionen Mark), Privatisierungen – etwa in den Werkstätten des Theaters am Goetheplatz – (rund 2,7 Millionen Mark) und Betriebsschließungen (bis zu 15 Millionen Mark) für realisierbar. Für dadurch entstehende „Umsetzungskosten“ sei in den Jahren bis 2004 ein Umbaufonds in Höhe von 28,2 Millionen Mark nötig. Die werden, so legt das Papier nahe, für die Finanzierung von Betriebs- und Teilbetriebsschließungen sowie den nicht sozialverträglichen Personalabbau gebraucht, wenn der Senat bei seiner Finanzplanung bleibt.

Am Schluss des Szenarios rechnet die KMB die Tarifsteigerungen und andere Kostenerhöhungen wieder hinzu und kommt auf ein jährliches Defizit von zehn bis zwölf Millionen Mark bis 2005. Da könnte sich die Schlussfolgerung aufdrängen, dass der Kulturetat „nur“ um diesen Betrag erhöht werden müsste. Doch dieses Szenario werden Kulturbetriebe im Förderwert von bis zu 15 Millionen Mark nicht überlebt haben. Rein rechnerisch müssten dafür die ganze institutionelle Musikförderung von „Dacapo“ über die Musikschule bis hin zu den beiden Orchestern (insgesamt rund 8,5 Millionen Mark) sowie alle Bürgerhäuser (rund 5,3 Millionen Mark) und das Medienzentrum Walle (1,1 Millionen Mark) aus dem Haushalt gestrichen werden. ck