Basar oder Bauchladen

■ Die erste gemeinsame TV-Messe der deutschen Sender findet im Juni in Köln statt. Ausländische Anbieter zeigen sich zurückhaltend

Der deutsche Fernsehmarkt will erwachsen werden: Mussten bisher Programmeinkäufer der deutschen Sender immer ins Ausland reisen, um internationale Produktionen für den heimischen Markt zu ergattern, sollen jetzt die Anbieter zum Kunden kommen. Anfang Juni findet die erste gemeinsame Fernsehmesse der deutschen TV-Sender in Köln statt. Bei diesen „Cologne Screenings“ wird dann natürlich auch versucht, das deutsche Programmangebot global an den Mann zu bringen.

Die TV-Messe ist das erste große Projekt von Ex-RTL-Chef Helmut Thoma, der jetzt als Medienberater der NRW-Landesregierung dem „Medienstandort“ Nordrhein-Westfalen zum Höhenflug verhelfen soll. Die Idee klingt plausibel, schließlich ist Deutschland der zweitgrößte Fernsehmarkt der Welt. Alle Spartenangebote mitgerechnet, machen hier rund 100 Sender Programm.

Heute werden die „Cologne Screenings“ auf der US-Fernsehmesse NATPE in New Orleans der internationalen TV-Branche vorgestellt.

Unklar ist nur, ob die auf eine weitere Verkaufsveranstaltung wartet. Denn zweimal im Jahr trifft man sich bereits in Europa, bei der MIP-TV im Frühjahr und der Mipcom im Herbst – zu schöner Jahreszeit am Mittelmeer in Cannes. Ob die Aussicht, im Sommer an den Rhein zu reisen, beim eitlen Fernsehvolk da auf viel Gegenliebe stößt, bleibt abzuwarten.

Immerhin die Briten haben schon zugesagt: Die BBC sowie die Produktionsfirmen Granada und Pearson sind dabei. Auf der NATPE sollen jetzt die US-Firmen zum Kommen bewegt werden. Von deutscher Seite sind neben WDR und ZDF erst RTL und einige Produktions- und Filmhandelsfirmen der Kirch-Gruppe im Boot. Pro 7, Sat.1 und die anderen ARD-Anstalten haben noch nicht über ihre Teilnahme entschieden.

Helmut Thoma ist zumindest zuversichtlich: Nach dem gemeinsamen Deutschen Fernsehpreis und der Telemesse für den Werbezeitenverkauf, die ebenfalls in NRW stattfinden, sei die Etablierung eines starken Platzes für den Programmhandel ein logischer Schritt. Köln biete im Gegensatz zu den eher auf Show und Glamour angelegten Messen in Cannes außerdem die Chance, informell und ohne großen Aufwand zu verhandeln.

Tatsächlich mehrte sich in den vergangenen Jahren der Unmut vieler Sender und vor allem der großen US-Studios über die Kosten und die Unübersichtlichkeit von Cannes. Für viele kleinere Stationen und Produktionsfirmen waren MIP-TV und Mipcom ohnehin immer zu teuer: Rund 3.000 Mark kostet allein der Eintritt pro Firma, wer sich mit Messestand und eigenem Programm präsentiert, kann gleich ein paar Nullen an diesen Betrag anhängen.

In Köln, so versichern die „Cologne Screenings“-Organsiatoren von NRW-Staatskanzlei und der Medienberatungsfirma HMR International, ist im „Pilotjahr 2000“ alles viel günstiger zu haben. Ob das allein ausreicht, müssen die nächsten Monate zeigen.

Steffen Grimberg