Christliche Rechte ist Bush auf den Fersen

Al Gore und George W. Bush haben die erste Hürde im US-Vorwahlzirkus genommen – Bush allerdings nur knapp

Washington (taz) – Die Favoriten haben gewonnen. Als die US-Wähler im langen Wahljahr 2000 am Montagabend erstmals das Wort hatten, entschieden sie sich auf den Parteiversammlungen in Iowa deutlich für Al Gore als demokratischen und George W. Bush als republikanischen Präsidentschaftskandidaten.

Vizepräsident Gore gewann die Iowa Caucuses, diesen ersten Stimmungstest des US-amerikanischen Vorwahlprocederes, mit 63 Prozent der Stimmen – fast doppelt so viel wie Herausforderer Bill Bradley, der mit 35 Prozent der Stimmen schlechter abschnitt als erwartet. Auf republikanischer Seite gewann George W. Bush, Gouverneur aus Texas und Sohn des ehemaligen Präsidenten George Bush, 41 Prozent der Stimmen – dicht gefolgt von Zeitungsverleger und Multimillionär Steve Forbes mit 30 Prozent.

Damit ist Bush zwar klarer Sieger, zusammengenommen aber vereinigten die drei Konkurrenten zu seiner Rechten – Steve Forbes, Alan Keyes und Gary Bauer – mehr Stimmen auf sich als der Spitzenkandidat. Als erstaunlich gilt das mit 14 Prozent unerwartet hohe Abschneiden von Alan Keyes, einem ehemaligen Beamten im State Department unter Reagan. Keyes, Bauer (9 Prozent) und Forbes versuchten, die christliche Rechte für sich zu gewinnen – und rückten das Thema Abtreibung in den Mittelpunkt, zu dem Bush keine klare Position vertreten mochte. Abtreibung ist ein emotionsgeladenes Thema, mit dem man im ländlichen Amerika, nicht aber in den Bevölkerungszentren Wähler gewinnt – und so befürchtete Bush, im weiteren Verlauf des Wahlkampfs um die Ohren gehauen zu bekommen, was er im konservativen Iowa zu diesem Thema sagen könnte.

Gores Erfolg gegenüber Bradley gilt als eine Art Comeback. Bradley hatte Gore als hölzern und abgehoben erscheinen lassen. Gore hat in der Auseinandersetzung mit Bradley seinen Stil geändert – in seiner Dankesrede in Des Moines kam die Wörter „fight“ und „fighter“ 14-mal vor.

Die nächste Runde im Vorwahlkampf findet am 2. Februar in New Hampshire statt. Zur Zeit wird darüber spekuliert, ob auf republikanischer Seite Bauer und Keyes vielleicht aus dem Rennen scheiden (Orrin Hatch, ein konservativer Senator aus Utah, der auch Präsident werden wollte, ist bereits ausgeschieden) und sich damit die rechten Stimmen auf Steve Forbes vereinigen würden. Damit hätten die reepublikanischen Wähler die Wahl zwischen drei Positionen: der zentristischen Bushs, der christlich-rechten von Steve Forbes und der des Außenseiters John McCain, der in Iowa nicht antrat.

In New Hampshire liegen Gore und Bradley in den Meinungsumfragen Kopf an Kopf. Obwohl die Staaten Iowa und New Hampshire alles andere als repräsentativ sind, beginnt dort traditionell der Vorwahlkampf, bei dem es zunächst nur um die Nominierung des jeweiligen Präsidentschaftskandidaten der Partei geht.

In New Hampshire hat sich in den letzten Jahren viel High-Tech-Industrie angesiedelt. Während in Iowa sozialer Konservatismus dominiert, definiert sich New Hampshires Konservatismus eher fiskalisch. Hier misstraut man der Bundesregierung und allen Regierungsprogrammen. Hier dürfte Steve Forbes’ Message einer radikalen Steuervereinfachung Anklang finden. Peter Tautfest