Rechtsaußen soll in Wien mitregieren

Jörg Haiders Freiheitliche und die christdemokratische ÖVP nehmen Koalitionsverhandlungen auf

Wien (taz) – Der österreichische Rechtsaußen Jörg Haider steht kurz vor dem Ziel: Eine Koalition der ÖVP mit Haiders FPÖ scheint nach dem Scheitern der Regierungsverhandlungen SPÖ-ÖVP unmittelbar bevorzustehen.

Gestern abend nahmen ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel und FPÖ-Vorsitzender Haider offiziell Gespräche über eine künftige Zusammenarbeit auf. Zusammen halten sie 104 der insgesamt 183 Mandate im Nationalrat. Ungeachtet dessen versucht der sozialdemokratische Noch-Bundeskanzler Viktor Klima den Auftrag von Bundespräsident Klestil zur Bildung einer arbeitsfähigen Minderheitsregierung zu erfüllen.

Haider und Schüssel erklärten gestern gestern einhellig, sie wollten sich bis Ende nächster Woche über ein gemeinsames Programm einigen. Andernfalls seien Neuwahlen unausweichlich. Die heikle Frage, wer den Bundeskanzler stellen soll, wird von beiden Parteien heruntergespielt, könnte aber noch zum Knackpunkt der Verhandlungen werden. Wolfgang Schüssel will Kanzler werden. Doch die freiheitliche Basis will Haider als Regierungschef sehen. Haider selbst erklärte, er wolle nicht Kanzler werden. Zugleich schloss er aber nicht aus, dass er seinen Posten als Landeshauptmann von Kärnten zurückstellt, „wenn mich die Basis von dieser Aufgabe entbindet“.

Denkbar ist, dass sich die Freiheitlichen diesmal mit dem Finanzministerium bescheiden und sich den Regierungsvorsitz für die nächste Legislaturperiode aufsparen. Ralf Leonhard

Tagesthema Seite 3