Piepmatz-Affäre zu Bimbes-Gate

■ Schlagworte spiegeln die aktuelle Entwicklung im CDU-Skandal wider

Am Anfang stand die „Kiep-Affäre“. Dann kamen die „Kohl-Affäre“, die „CDU-Spendenaffäre“ und schließlich die „CDU-Finanzaffäre“. Nach Ansicht von Sprachforschern spiegeln die wechselnden Schlagwörter für den Skandal um schwarze Koffer, geheime Auslandskonten und angebliche jüdische „Vermächtnisse“ anschaulich die immer neuen Enthüllungen wider. „Es ist auch eine Sache der Ehrlichkeit“, meint Helmut Walther, Sprachberater bei der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden. So könne inzwischen nicht mehr nur der frühere CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep mit seinem Namen für die zahlreichen Affären stehen. Schließlich seien nicht nur Helmut Kohls anonyme Spender, sondern auch die dubiose „Zaunkönig“-Stiftung der Hessen-CDU in Lichtenstein dazu gekommen, bei der es nicht mehr nur um Spenden geht.

Während in den USA seit „Watergate“ fast jedem Skandal ein „gate“ angehängt wird, stehen in Deutschland „Affäre“ und „Skandal“ für Verfehlungen der verschiedensten Art. Die GfdS kann mit einer langen Liste von Beispielen dienen: „Amigo-Affäre“, „Briefbogen-Affäre“, „Schneider-Affäre“ oder „Barschel-Pfeiffer-Jansen-Engholm-Affäre“. Lustige Kreationen sind dabei eher die Ausnahme: An der „Piepmatzaffäre“ etwa zerbrach 1995 die Bremer Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen. Letztere hatten eine Fläche, die von SPD und FDP als Gewerbegebiet eingeplant war, bei der EU als Vogelschutzgebiet angemeldet.

Nach Auffassung von Werner Kallmeyer vom Institut für deutsche Sprache (IDS) in Mannheim sind „Affäre“ und „Skandal“ durchaus auch „knackige“ Bezeichnungen für die Vorgänge in der CDU. Beide Worte wurden im späten 18. Jahrhundert aus dem Französischen übernommen, das damals in besseren Kreisen gerne gesprochen wurde. Laut Duden bezeichnet „Affäre“ im deutschen Sprachgebrauch unter anderem einen „unangenehmen, peinlichen Vorfall“ oder eine „Streitsache“. Das Wort „Skandal“, dessen Wurzeln im Griechischen liegen, bedeutet demnach „Ärgernis, Aufsehen, Lärm“.

Nach Ansicht der Experten sind die Schlagwörter für Skandale im Ausland auch nicht viel origineller als die deutsche „Affäre“. Ein Beispiel sei die Praxis in den USA seit „Watergate“, meint Kallmeyer. Aus dem „zunächst völlig harmlosen“ Wort „gate“ sei das Synonym für Skandal geworden. Mit dem Einbruch in das Watergate-Hotel nahm die Affäre 1972 ihren Anfang; zwei Jahre später trat der Republikaner Richard Nixon als Präsident zurück. Auch der amtierenden US-Präsident Bill Clinton blieb von einer solchen Wortschöpfung nicht verschont. „Monicagate“ steht für die Affäre des Präsidenten mit der wohl bekanntesten Praktikantin der Welt.

Im deutschen Sprachgebrauch findet „gate“ nur selten Verwendung. In der CDU-Affäre tauchte vereinzelt die Wendung „Bimbes-Gate“ auf (vgl. taz bremen vom 18.1.). Bimbes ist in der pfälzischen Heimat Kohls ein gebräuchlicher Ausdruck für Geld, berichtet Sprachberater Walther. Ursprünglich stamme das Wort aus der Sprache der Gauner und Landstreicher im Mittelalter. Dass sich die Kombination aus Englisch und Pfälzisch nicht richtig durchsetzen konnte, ist nach Ansicht seines Kollegen Kallmeyer keine Überraschung: „Bimbes-Gate ist eine Spielerei für Intellektuelle.“

Sylke Michaelis/AFP