Walter Benjamins Glut

■ Die Vorschau: Vortrag und Seminar widmen sich dem kritischen Theoretiker

Angesichts der Vereinnahmungen Walter Benjamins durch den postmodernen und bürgerlichen Literaturbetrieb und mit Blick auf die grassierende Utopielosigkeit ist es ebenso mutig und unzeitgemäß, zu Beginn des 21. Jahrhunderts nach der Bedeutung Benjamins für eine Analyse unserer Gegenwart zu fragen. Dies aber nimmt sich nun eine Veranstaltung im Rahmen eines Zyklus „Das Jahrhundert verstehen“ vor, die in Kooperation von Evangelischen Bildungswerk, der Volkshochschule und der Heinrich-Böll-Stiftung am Wochenende in der Galerie Rabus und im Forum Kirche stattfinden wird.

Die eingeladenen Referenten sind nicht nur ausgewiesene Benjamin-Spezialisten, sondern darüber hinaus bekannt für ihre politisch-theologischen Verschärfungen und Zuspitzungen des Benjaminschen Denkens auf die Gegenwart hin. Der in Reims und Paris lehrende Literaturwissenschaftler Irving Wohlfahrth hat sich immer wieder gegen eine Entschärfung Benjamins durch die bürgerliche Literaturwissenschaft gewandt und den jüdisch-messianischen „Glutkern“ der Benjaminschen Arbeiten zu entfachen gesucht. In seinem Vortrag wird er sich mit Benjamins Geschichtsphilosophie beschäftigen. Insbesondere die von jüdischer Mystik durchzogenen geschichtsphilosophischen Thesen von 1940 dienten seit jeher MarxistInnen wie ChristInnen als Quelle der Inspiration und Irritation.

Andreas Pangritz, evangelischer Theologe und seit kurzem Professor an der Uni Aachen, steht für die politisch-theologische Aktualisierung Benjamins aus der Perspektive der christlichen Theologie. Er ist zudem ein Exponent des kritischen Gesprächs zwischen Dialektischer Theologie und Kritischer Theologie. Die Tagung eröffnet somit eine der seltenen Gelegenheiten, an einem intellektuell-kontroversen und politisch-aktualisierenden Ereignis teilzunehmen. cl

Wohlfahrts Vortrag ist am 28.1., 20 Uhr, Galerie Rabus. Tagesseminar mit Wohlfahrth und Pangritz: 29.1., Forum Kirche (Hollerallee 75, 9.30 -18 Uhr). Anmeldung erforderlich : Tel.: 346-30 od. -31