Die Opfer sind Täter!

betr.: „Die Leute wollen Opfer sehen, das weiß ich“, Interview mit Ole von Beust, taz vom 20.1. 00

Mir ist weder heute noch künftig nach Ole von Beust zumute, wenn Nämlicher hanebüchenen Quatsch verzapft: Die Leute sind Opfer, und sehen wollen sie die Täter. Vermutlich gehört Ole auch dazu – würde er sonst die Kohls, Schäubles und Kanthers zu Opfern umfälschen wollen? August Müllegger, Friedberg

Helmut Kohl wird selbst von seinen schärfsten Kritikern bestätigt und zu Gute gehalten, er habe sich nicht persönlich bereichert. [...] Persönliche Bereicherung besteht aber rein formal darin, Geld oder andere Werte, auf die man durch seine Position Zugriff hat, im eigenen Ermessen und für eigene Zwecke zu verwenden.

Wie kann sich also ein Bundeskanzler, der qua Amt den ganzen Luxus (Dienstwagen, Flugbereitschaft, Staatsbanketts) geschenkt bekommt, persönlich bereichern? Indem er das Hauptziel einer jeden Politikerkarriere – Macht zu bekommen und zu behalten – mit veruntreuten Geldern unterstützt. Dadurch, dass Kohl persönlich über die Verwendung der illegalen Spenden entschieden hat und diese Entscheidungsmacht gegenüber den Empfängern deutlich machte, gerieten die Parteigliederungen noch tiefer in die Abhängigkeit zum großen Vorsitzenden, und die innerparteiliche Demokratie wurde weiter unterhöhlt. Dass die Mittel für diese diktatorische Parteiführung aus illegalen Spenden stammten, ist im Vergleich dazu noch relativ harmlos.

Wenn Kohl die illegalen Großspenden für Saufgelage mit Freunden verwendet hätte, wäre das tatsächlich ein Skandal. In der aktuellen Situation sind es zwei: Kohl war nicht nur korrupt, er hat auch seine Partei mit Korruption verseucht. Jan Bruners

betr.: „Das Bauernopfer der CDU“, taz vom 24. 1. 00

[...] Alle in der CDU waren bereit, die Autokratie eines Helmut Kohl zu dulden (Duldung undemokratischer Strukturen). Alle wussten, dass H.K. Geißler, Späth und Biedenkopf sowie viele andere Gegner oder Neinsager in die Wüste geschickt hatte, auf die Gefahr hin, das dicke Ende auf die Zeit nach seinem Abgang zu verschieben. Alle wussten also um die mangelnde Demokratie in der CDU.

Doch wieviel wussten die Wählerinnen und Wähler? Wieviel Mitschuld trifft die WählerInnen der CDU, autokratische Strukturen geduldet zu haben?

Die Lösung des Problems kann nur in Machtbegrenzung innerhalb aller Parteien bestehen, nicht in Schadensbegrenzung durch das jetzige Krisenmanagement der CDU-Führung. Überhaupt müssen Führungen regelmäßig ausgetauscht werden, das gilt auch für die SPD und die Bündnisgrünen. Also Einführung der Trennung von Amt und Mandat in allen Parteien, und nicht deren Aufhebung. Rotation nach spätestens zwei Legislaturperioden. Und Transparenz aller Finanzen der Partei, wie bei den Bündnisgrünen bereits üblich. Das Abschieben der Verantwortung auf Profipolitiker rächt sich, wie man jetzt wieder einmal sieht! Frank Miething, Berlin

Warum nennt Kohl nicht die Namen der Spender? Er weiß, dass er seiner Partei damit nicht dient, sondern den Scherbenhaufen nur vergrößert. Er war vor die Wahl gestellt, zu reden oder zu schweigen. Er hat sich für das Schweigen entschieden. Das heißt aber, er geht davon aus, dass es größeren Schaden anrichtet, wenn er reden würde. Wer sind also die Spender? [...] Martin Behrens, Mönchengladbach