Im Zweifel gegen Verdächtigen?

■ Mord an Mallorcinerin: Hamburger Anwälte werfen Polizei und Justiz bewusste Vorverurteilung ihres Mandanten vor

Im Zweifel für den Angeklagten. Dieser Grundsatz verliert schnell Bedeutung, wenn Boulevard-Medien einen Verdächtigen vorverurteilen. So ergeht es nach Auffassung der Anwälte Ernst Medecke und Martina Zerling zur Zeit ihrem Mandanten Andreas O. Er müsse seit Monaten für Titelzeilen zum „Mallorca-Mord“ herhalten. „Das öffentliche Klima wird so aufgeheizt, das in Hamburg kein faires Verfahren mehr möglich ist“, glauben seine VerteidigerInnen. Dem 33jährigen Feuerwehrmann und Taucher wird vorgeworfen, am 22. Mai vorigen Jahres die 28jährigen Spanierin Maria del Solo Fajardo auf Mallorca ermordet zu haben.

Fest steht, dass O. damals nachts die betrunkene Frau nach einem Disco-Besuch nach Hause fahren wollte. Verdächtigt machte er sich, weil er am frühen Morgen in der Tauchschule plötzlich seine Abreise verkündete. Was in der Nacht passierte, ist unklar. Seither ist die Frau nicht mehr gesehen worden.

Im Juni hörte O. von Freunden, dass er auf Mallorca von der Polizei gesucht werde. Er ging in Hamburg zur Polizei und fragte, was anliege. Niemand wusste etwas. Im Juli wurde O. plötzlich verhaftet und, unter der Vorspiegelung, die Spanierin sei ermordet worden, vernommen. Er gab zu, damals mit ihr im Auto geschlafen zu haben, er habe aber nichts mit einem Mord zu tun. Das Landgericht lehnte daher auch einen Haftbefehl ab: „Es mangelt an einem dringenden Tatverdacht“ – und an einer Leiche.

Diese wurde dann stark verwest am 4. November in einem Gebüsch auf der Insel gefunden. Und prompt wurde gegen O. Haftbefehl erlassen. Seitdem sitzt er in U-Haft. „Es gibt nichts Neues, was einen Haftbefehl rechtfertigt, außer der Tatsache, dass es eine Leiche gibt“, klagt Medecke, „es wurden keine Fasern und Spuren unseres Mandanten an der Leiche und am Fundort gefunden.“

Seit fast drei Monaten warten Zerling und er vergebens auf den spanischen Obduktionsbefund. „Es ist also nicht einmal klar, wann der Todeszeitpunkt war“, gibt die Anwältin zu bedenken. Zumal die Guardia Civil nach dem Verschwinden des Opfers den Ort mehrfach mit Hunden abgesucht hatte, ohne etwas zu finden.

Seitdem versuche die Polizei, unterstellen die Anwälte, durch lancierte Berichte in Boulevard-Blättern („Mallorca-Mord – Neue Zeuginnen: Feuerwehrmann wollte Brutal-Sex“) ihre Täterversion aufrecht zu erhalten. Kai von Appen