Nach 54 Jahren ein Platz für Steine der Erinnerung

■ Gedenkstätte Bullenhuser Damm wiedereröffnet: Fotos und Schautafeln mahnen

Zum gestrigen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus hat Hamburgs Kultursenatorin Christina Weiss (parteilos) die Gedenkstätte „Bullenhuser Damm“ wiedereröffnet. Die war in einem Jahr Bauzeit von der städtischen Sprinkenhof AG erweitert worden. Im Keller der ehemaligen Schule in Rothenburgsort hatte die SS 1945 20 jüdische Kinder, 24 sowjetische Kriegsgefangene, zwei französische Ärzte und zwei holländische Pfleger ermordet. Der historische Ort gehört heute zur KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Im November 1944 ließ sich der NS-Mediziner Kurt Heißmeyer für medizinische Experimente 20 jüdische Kinder aus Auschwitz nach Neuengamme bringen. Dort infizierte er sie mit Tuberkulose-Erregern und operierte ihnen unter dem Arm Lymphdrüsen heraus, um die Reaktionen zu testen. Als am 20.4.1945 die Alliierten heranrückten, ließ die SS die Kinder zum Bullenhuser Damm bringen, um sie dort zu töten und die Spuren der Misshandlungen zu vertuschen.

Der Leidensweg der Kinder ist jetzt an den Originalorten nachzuvollziehen. Fotos der Mädchen und Jungen aus Frankreich, Italien, Jugoslawien, den Niederlanden und Polen hängen an den Wänden. Schautafeln erzählen die Eckdaten ihres Lebens. Man sieht die Holzbänke, auf denen sie warten muss-ten, ehe sie im Nebenraum mit Morphium betäubt wurden. In dem Raum, in dem sie erhängt wurden, stehen die Namen sämtlicher Opfer an der Wand. In einem Nachbarraum steht ein Korb, in den die BesucherInnen Steine zum Gedenken an die Kinder legen können. „Besucher jüdischer Friedhöfe legen den Toten Steine auf die Gräber“, klärt ein kleines Schild auf. Der Korb ist voll. Eine Schülerin, die in der Gedenkstätte war, hat auf ihren Stein geschrieben: „Ich werde diese Leute immer hassen.“

54 Jahre hat es gedauert, bis die Stadt die Gedenkstätte hat errichten lassen. Die Nazi-Verbrechen, die am Bullenhuser Damm begangen wurden, drohten in Vergessenheit zu geraten. Bis 1979 BürgerInnen die „Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm“ gründeten, Unterlagen sammelten und Kontakt zu Angehörigen der getöteten Kinder aufnahmen. Ohne deren langjährige Arbeit, so gestern der Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme Detlef Garbe, „würden wir die erweiterte Gedenkstätte heute nicht eröffnen können“. Elke Spanner