Hessische CDU reicher als vermutet

Nicht acht, sondern 19,2 Millionen Mark hat die hessische CDU 1983 in die Schweiz geschafft. Dazu kommt eine Buch-Affäre ■ Aus Wiesbaden Klaus-Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) – Nicht knapp acht Millionen, wie von Manfred Kanther bislang eingeräumt, sondern exakt 19,2 Millionen Mark wurden im Dezember 1983 in bar von einem Konto der hessischen CDU bei der Metallbank in Frankfurt abgehoben und in mehreren Tranchen auf die drei schwarzen Konten in der Schweiz geschafft. Scheinbar emotionslos wie ein Sprechautomat referierte der hessische Ministerpräsident Roland Koch gestern Nachmittag aus den – vorläufigen – Berichten der von der CDU – auch mit dem Segen der Staatsanwaltschaft – beauftragten Wirtschaftsprüfer. Wahrscheinlich hatte Horst Weyrauch, der Steuer- und Anlageberater, nicht nur der hessischen Union die Transaktion durchgeführt.

Über Vollmachten für die schwarzen Konten in der Schweiz verfügten neben Weyrauch auch Manfred Kanther, damals Generalsekretär der hessischen CDU, und der Schatzmeister der Partei, Prinz Sayn-Wittgenstein. Die Vollmacht für Kanther, so Koch weiter, sei allerdings 1987 „aus noch unbekannten Gründen annulliert“ worden.

Und dann sagte Sprechautomat Koch doch, dass er „elektrisiert“ gewesen sei, weil ihm Kanther an den schlimmen Tagen vor der großen Offenbarung am 14. Januar wohl doch nicht die ganze Wahrheit gesagt habe. Oder wusste es Kanther nicht besser? Wittgenstein habe die Angaben von Kanther schließlich bestätigt, sinnierte Koch presseöffentlich, um dann wieder leidenschaftslos zu konstatieren: „Viele Fragen sind noch offen.“ Und was kommt noch alles heraus?

Noch nicht herausgekommen ist jedenfalls, woher genau die 19,2 Millionen Mark kamen, von denen 17,7 Millionen illegal in die Schweiz transferiert wurden; 1,5 Millionen Mark legten Weyrauch und der Prinz – nach der Abhebung der gesamten Summe – wieder auf einem anderen Konto bei der Metallbank an. Die Bank war damals eine Tochter der Metallgesellschaft; und der Prinz dort Vorstandsmitglied. Neben den bereits bekannten vier Millionen Mark, die in den Jahren 1993 bis 1999 – nach der Gründung der Geldwaschanlage „Zaunkönig“ in Vaduz – angeblich von den Konten „verschwunden“ sind, gesellen sich jetzt noch einmal abgängige vier Millionen Mark aus der Zeit von 1986 bis 1993, für die es keine Belege gibt. Acht Millionen Mark Schwund also. Koch hatte schon in der vergangenen Woche nicht ausschließen wollen, dass es im Zusammenhang mit den Schwarzgeldkonten auch zu „persönlichen Bereicherungen“ gekommen sein könnte.

Nach den Berichten der taz und der FR über eine mutmaßliche verdeckte Parteispende an die hessische CDU durch die Hunzinger Informations AG im Zusammenhang mit der Werbung für das von Roland Koch veröffentliche Buch „Vision 21“ geriet der Ministerpräsident und Parteivorsitzende erneut selbst unter Beschuss durch die Oppositionsparteien. Koch solle seinen Autorenvertrag offen legen, forderte gestern die SPD im Landtag.