Behörden blockieren die Mitbestimmung

■ Verein „Mehr Demokratie“ rügt Hamburger Verwaltungspraxis bei Bürgerbegehren

Das Auszählen von Unterschriften im Bezirksamt dauert länger als das Sammeln auf der Straße. Ergebnisse werden rückwirkend korrigiert und gilt die Hälfte der Unterschriften als ungültig, erfahren die InitiatorInnen der Bürgerbegehren nie, warum. Die Mitbestimmung auf Bezirksebene, resümierte ges-tern Michael Efler von der Initiative „Mehr Demokratie“, werde von den Behörden gezielt blockiert: mit Hilfe einer internen Dienstvorschrift, die „Mehr Demokratie“ nun veröffentlichte.

Nach deren Regelungen, erklärte Initiativen-Sprecherin Katja Reinecke, muss das Bezirksamt erst bei Abgabe der Unterschriften mitteilen, wieviele genau benötigt werden. „Für die Initiatoren besteht keine Planungssicherheit“. Außerdem könne das Amt ein Begehren schon zurückweisen, wenn es dies nur für unzulässig hält – ohne das eingehend prüfen und begründen zu müssen. Laut Gesetz sind etwa Haushaltsfragen von der Mitbestimmung ausgeschlossen. „Es gibt aber Grenzfälle“, sagt Efler: In St. Pauli etwa forderten BürgerInnen einen Stadtteilrat – und der kostet Geld. In solchen Fällen müsste die Behörde laut Dienstvorschrift das Begehren nicht einmal zur Prüfung annehmen.

Vermutlich im April wird es erstmals tatsächlich zu einem Bürgerentscheid kommen. In Bergedorf sollen die AnwohnerInnen über die Bebauung des Bahnhofsvorplatzes entscheiden. „Wir sind skeptisch, dass der Ablauf reibungslos sein wird“, meint Efler. „Mehr Demokratie“ fordert, dass bei den Abstimmungen grundsätzlich das Wahlrecht angewandt wird: Die Wahlurnen sollen am Wochenende bereitstehen, die Stimmen sofort ausgezählt und die Benachrichtigung über den Bürgerentscheid allen Haushalten Wochen vor der Abstimmung zugestellt werden.

Bereits in fünf Fällen hätte das Verwaltungsgericht das Amtshandeln bei Bürgerbegehren beanstandet. Efler: „Es war ein Fehler, auf eine bürgerfreundliche Anwendung der Verwaltung zu vertrauen“. Elke Spanner