Der Yakuza als Pausenclown

n Schabernack und Spiele, nicht völlig ohne Grenzen: „Takeshi’s Castle“ erlaubt einen neuen Blick auf Japans Universalkünstler Takeshi Kitano und seine klamaukige Kult-Show

Kämen aber, um nur mal zwei ihrer Art zu nennen, ausgerechnet Thomas Gottschalk oder Kai Pflaume unversehens mit einem Kinofilm für den kultivierten Herrn und die geschmacksverwöhnte Dame daher, das Stirnrunzeln und Naserümpfen würde schier kein Ende mehr nehmen.

Takeshi Kitano hat es da leichter. Der japanische Mehrbe- reichs-, wenn nicht gar Universalkünstler wurde im Westen vordringlich als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller wortarmer Filmkunstwerke bekannt, während seine Drolerien, die er als Komiker und Showmaster im japanischen Fernsehen veranstaltet, bislang dem heimatlichen Publikum vorbehalten blieben.

Nun aber gestattet der abseits der Hauptkanäle funkende Sport- und Allerweltskanal Deutsches Sportfernsehen (DSF), auch diese Seite des von Cineasten hingebungsvoll verehrten Kunst- und Kultfilmers kennenzulernen.

An jedem Werk- und auch am Samstag kann, wer will, gewahr werden, wie aufgestachelte Kandidaten beiderlei Geschlechts versuchen, „Takeshi’s Castle“ zu erstürmen. Und das nicht etwa einzeln, im Anfangsfeld treffen sich über 100 Mutige, deren Zahl dann in den verschiedenen Etappen der Show heftig dezimiert wird.

Historischer Fürst im Minipanzer

Auf den Zinnen der Burgkulisse hält Beat Takeshi – so nennt sich der öffentliche Kitano – fächerschwingend Hof. In der Rolle eines Fürsten im historischen Kostüm begutachtet er das tolldreiste Treiben und reißt im Zwiegespräch mit seinem Komoderator Saburo Ishikura kleine Späße.

Erst im letzten Spiel greift er persönlich in das Geschehen ein, wenn er in einer Art Minipanzer gegen jene Mitspieler antritt, die die vorangegangenen Prüfungen erfolgreich bestanden haben.

Bis dahin müssen die Kandidaten rutschige Mauern erklimmen, Wasserläufe überqueren und Schlammbäder riskieren, klamaukige Sumo-Kämpfe bestehen und durch Labyrinthe hindurchfinden. Die einzelnen Etappen heißen entsprechend Drachensee, Katzenkugeln, Spinnennetz – oder auch prosaisch-schön – Stabweitsprung.

Der Ablauf gleicht einer Turbofassung des deutschen Spielshow-Klassikers „Spiel ohne Grenzen“. Schon die öffentlich-rechtlichen Veranstalter kannten damals kein Pardon und erteilten Regieanweisungen folgenden Wortlauts: „Wer hinfällt oder sich verletzt, muss aus dem Bild kriechen; wir wollen keine Leidenden sehen.“

Ein bisschen Leiden ist immer inbegriffen

Inzwischen sind Show-Veranstalter noch weniger zimperlich geworden, ein bisschen Leiden darf schon sein. Japan mit seinen offenbar heillos zur Selbstentleibung neigenden Spieleteilnehmern hat es darin besonders weit gebracht.

„Takeshi’s Castle“ aber, im Herkunftsland ein Knüller und auch für das DSF ein großer Erfolg, wurde fälschlich mit jenen in Deutschland nur ausschnittweise vorgestellten japanischen Extrem- und Kamikaze-Shows in Verbindung gebracht.

Zwar sind bei den in geraffter Form gezeigten Spielen Kondition und Geschick gefragt, und auch Rempeleien oder Stürze sind nicht völlig ausgeschlossen. Aber im brackigen Tümpel, dem kaum ein Mitspieler entgeht, lauern nicht wie in einer anderen Sendung ausgehungerte Krokodile.

Für deutsche Zuschauer liegt die Fallhöhe eher im ideellen Bereich – wer den 1948 in Tokio geborenen Takeshi Kitano ausschließlich als wortkargen Yakuza im japanischen Mafia-Epos oder als modernen Samurai kennt, wird sich angesichts dieser übermütigen Kindereien unter Umständen ein wenig wundern. Und die infantilen Strandspiele der wartenden Killer aus „Sonatine“ womöglich mit anderen Augen sehen.

Harald Keller „Takeshi’s Castle“, Sa., 17 Uhr, während der Woche Mo., 17.15 Uhr, sonst 14 Uhr, DSF