Ökologisch, aber nicht ganz billig

Über die Förderung der Energieerzeugung mittels Kraft-Wärme-Kopplung können sich Wirtschaftsminister Müller und Umweltminister Trittin nicht einigen ■ Von Hannes Koch

Berlin (taz) – Die langfristige Förderung umweltfreundlicher Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung ist zwischen Bundeswirtschaftsminister Müller (parteilos) und Umweltminister Jürgen Trittin noch immer umstritten. Während Müller die finanzielle Absicherung auf wenige Jahre begrenzen will, plädiert der grüne Umweltminister eher für eine langfristig festgelegte Quote für den Verbrauch der umweltfreundlichen Energie.

Richtig virulent geworden ist der Streit in den vergangenen Monaten durch die schockartigen Auswirkungen der Liberalisierung. Im Wirtschaftsministerium ist man der Ansicht, dass die Stellung der Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) der städtischen Energieunternehmen im liberalisierten Energiemarkt äußerst gefährdet sei. Die Anlagen, die gleichzeitig Strom und Fernwärme produzieren können, seien meist nicht in der Lage, mit den inzwischen üblichen Niedrigpreisen von fünf Pfennig pro Kilowattstunde Strom mitzuhalten.

Das bestreiten auch die 58 von 900 Stadtwerken nicht, die mehr als ein Viertel ihres Stromes in Kraft-Wärme-Kopplung herstellen können – ganz im Gegenteil. Der Verband der Kommunalen Stromerzeuger und die Stadtwerke-Lobby fordern vehement eine staatliche Absicherung der Anlagen. Ein wesentliches Argument dabei: KWK-Kraftwerke seien besonders umweltfreundlich, weil sie mit derselben Menge Energie gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen und deshalb dazu beitragen, dass Deutschland sein Ziel zur Reduzierung der Treibhausgase einhalten könne.

Während diese Position im Prinzip auch Umweltminister Jürgen Trittin unterstützt, stellt das Wirtschaftsministerium eher die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der Kraftwerke in den Mittelpunkt. Wesentlich an Wirtschaftlichkeitsüberlegungen orientiert, will man dort keine neuen Schutzmaßnahmen für eine nicht aussichtsreiche Technologie installieren. Eine Energieexpertin im Wirtschaftsministerium warnt davor, „die Kraft-Wärme-Kopplung zu einem neuen Symbol zu machen“.

Der mit einer Quote festgelegten Einspeisung von KWK-Strom in die öffentlichen Netze, die den Absatz gewährleisten würde, verschließt sich Wirtschaftsminister Müller bislang. Denn auch diese Quote diene nicht in erster Linie des Stadtwerken, sondern führe dazu, dass zuerst der billiger produzierte KWK-Strom aus der Industrie gekauft würde. Außerdem käme der preiswerte Strom aus Dänemark und Holland zum Zuge.

Das Wirtschaftsministerium ist zwar bereit, eine mehrjährige Anpassung der städtischen Kraftwerke an die Marktgegebenheiten zu finanzieren – von einer dauerhaften Quote hält man aber nichts. Deshalb plädieren Müllers ExpertInnen gegenwärtig auch dafür, möglichst schnell die bereits beschlossene Übergangsförderung für die Kraft-Wärme-Kopplung im Zusammenhang mit dem Gesetz über die erneuerbaren Energien (EEG) zu verabschieden. „Das würde die Diskussion über die Quote totschlagen“, heißt es dazu in Trittins Umweltministerium.

Trittin, der wegen des Klimaschutzes zur langfristigen Absicherung der KWK-Kraftwerke neigt, erhält gegenwärtig Unterstützung – pikanterweise durch eine wissenschaftliche Untersuchung, die das Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben hat. Die Kraft-Wärme-Kopplung weise in den meisten Fällen „energetische und ökologische Vorteile“ gegenüber anderen Arten der Energieerzeugung auf, heißt es in einer Expertise des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Deshalb sei es angezeigt, ein „effizientes Fördersystem“ für die umweltfreundlichen Anlagen einzuführen – was aber nicht unbedingt auf eine Quote hinauslaufen müsse.

Doch auch die grundsätzlichen ökologischen Vorteile will man im Wirtschaftsministerium nicht gelten lassen. Einen höheren Beitrag zur Einsparung des Treibhausgases Kohlendioxid könne die KWK nur leisten, wenn abfallende Wärme auch tatsächlich in Fernwärmennetzen genutzt werde. Das sei aber viel zu selten der Fall, da auch Fernwärme wegen der hohen Investitionen in die Leitungen immer weniger konkurrenzfähig sei.