Hamburg 1 macht Kirchs neue Senderholding komplett

Ballungsraum-TV wird nun zur ersehnten Abspielstätte für abgelegte Sat.1-Klamotten

Hamburg (taz) – Der Vorstand der Hamburgischen Anstalt für neue Medien HAM hat in einer eigens am Wochenende anberaumten Sitzung die Übernahme von über 59 Prozent des Lokalfernsehens Hamburg 1 durch Leo Kirch genehmigt. Darüber hinaus winkte die HAM auch Kirchs Forderung durch, binnen zweier Jahre weitere 29 Prozent von der DFA Deutsche Fernsehnachrichten Agentur zu übernehmen.

„Nach intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten“, ließ die HAM am Samstagabend wissen, „ergab sich kein anderer Weg, als zuzustimmen“. Schon ab morgen soll die geänderte Zulassung wirksam sein, dann aber nur – der einzige Wermutstropfen für Kirch – fünf Jahre gelten.

28,1 Prozent der Hamburg-1-Anteile bekommt Kirch von Time Warner und von Ingo Brosum dessen Geschäftsführer-Prozent. Den größten Batzen (30,32 Prozent) versilbert der Versandhauserbe Frank Otto, der Hamburg 1995 gründete und diverse Hörfunk-Popwellen sowie die Hamburger Morgenpost mitbesitzt.

Damit dirigiert Kirch jetzt neben Hamburg 1 und den Kirch-Sohn Thomas zugeordneten Regio-Stationen tv münchen und tv.berlin auch die Programme des knappen Dutzends anderer Veranstaltungen dieser Art (am liebsten auch der künftigen in Hessen und NRW) – synchron, straff und spotgenau auf die Zielgruppen um. Und füllt sie ab mit hauseigener Ware, laut HAM zu „60 Prozent Eigenproduktionen inklusive Wiederholungen“, in Wahrheit aber die Wiederholung von Wiederholungen, nämlich abgelegte Sat.1-Klamotten, die so endlich noch und noch mal verwertet werden können.

Bei Hamburg 1 behält lediglich Springer seinen Anteil von 11,3 Prozent. Dabei hatten SPDler und auch GAL-Grüne der Hansestadt oberschlau daran gebastelt, den Kirch-Deal zu verhindern und – „kleineres Übel“ oder was? – eine Übernahme des Senders durch Springer zu fördern. Dazu wollte man, was für ein Zufall, ausgerechnet die so genannte „Lex Springer“ aus dem Hamburger Mediengesetz gekippt sehen, die seit Anfang der 70er marktbeherrschenden Medienunternehmen untersagt, auch noch in anderen Medienfeldern Mehrheitspositionen zu erwerben. Was ehedem einzig auf Axel Cäsars Zeitungshaus zutraf, ist heute aber auch manch anderem Medienpotentanten an der Elbe beim Kaufrausch hinderlich und daher lästig. Ist aber die Anti-Monopol-Klausel erst mal weg, dann doch für alle, Kirch inklusive. Da sichert sich die HAM im Fall von „Hamburg 1“ jetzt auch lieber höheren Orts ab. Sie legt Wert auf die Feststellung, den Deal nur unter dem Vorbehalt genehmigt zu haben, „dass der Nachweis erbracht wird, dass keine fusionsrechtlichen Bedenken des Bundeskartellamtes entgegenstehen“. Ulla Küspert