Provinz
: Meinen Pass bitte!

■ Das Dokument eines jüdischen Ex-Oldenburgers wird zum Politikum

Schon so manches Mal wurde der alte Reisepass von Günther Goldschmidt im Stadtmuseum auf Ausstellungen über das Leben der jüdischen Gemeinde Oldenburgs präsentiert. Jetzt soll das historische Dokument seine letzte Reise antreten: nach Maryland/USA. Dort lebt der Sohn des in den 40er Jahren emigrierten Juden, Martin Goldsmith. Der schreibt zurzeit ein Buch über die Geschichte seiner Familie. Die führte bis in die 30er Jahre ein gutgehendes Bekleidungsgeschäft in der Oldenburger Innenstadt. Während die Familie nach Auschwitz deportiert wurde, gelang nur Günther Goldschmidt 1941 die Flucht in die USA, wo der 87-Jährige heute in Arizona lebt.

Im Zuge der Recherchen seines Sohnes fordert die Familie nun den alten Reisepass zurück. Doch die Stadt Oldenburg beansprucht das Dokument für sich. „Die Lage ist kompliziert“, erklärt Jürgen Krogmann, Pressesprecher der Stadt. „Der Wunsch nach einer Rückgabe ist verständlich, aber unser Rechtsamt muss zunächst prüfen, ob das Stadtarchiv den Pass herausgeben darf.“ Eigentlich gilt der 1941 ausgestellte Pass als Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. „Wir müssen prüfen, ob das Bundesarchivgesetz uns genügend Spielraum für eine Rückgabe lässt“, erklärt Krogmann und deutet zugleich an, dass die Stadt selbst einer Rückgabe möglichst nicht im Weg stehen wolle.

Diese Prüfen, Zaudern und Vertrösten ist dem Oldenburger Filmemacher Ali Zahedi unterdessen völlig unverständlich. „Der Eigentümer des Passes lebt noch in den USA.“ Dass die Stadt Goldschmidts Pass sogar öffentlich ausstellte, sei eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte Goldschmidts. Im Dezember 1999 wurde Zahedi von Martin Goldsmith autorisiert, den Pass in Empfang zu nehmen und ihn in die USA zu schicken. Zahedi setzte sich daraufhin mit dem Stadtarchiv in Verbindung. Doch der Archivar will das Dokument nicht herausrücken. Lediglich eine Fotokopie des Passes wurde ihm angeboten.

Jetzt wandert der Vorfall eine Instanz höher. In einer Anfrage an die Verwaltung forderte die grüne Ratsfraktion Verwaltungschef Jürgen Poeschel letzten Montag dazu auf, die Aushändigung des abgelaufenen Passes an seinen alten Besitzer einzuleiten. „Für Außenstehende kann es nur als bürokratischer Hochmut und Paragraphenreiterei erscheinen, wenn hier abstrakte Eigentumsverhältnisse diskutiert werden“ heißt es in der Begründung. Bis zur kommenden Sitzung des Verwaltungsausschusses am 8. Februar soll die Rechtslage geklärt sein. Jens Fliege