Mit dem Ausländerstopp droht der Touristenstopp

Bei der österreichischen Botschaft in der Friedrichstraße protestieren erste Anrufer gegen eine Regierungsbeteiligung von Jörg Haider. Demonstranten drangen in Gebäude ein

„Alltag raus – Österreich rein“, so wirbt die Alpenrepublik auch in Berlin um zahlungskräftige Besucher. Doch weil die österreichischen Konservativen den stets braun gebrannten rechten Frontmann Jörg Haider an der Regierung beteiligen wollen, läuft das Land Gefahr, international in die Isolation zu geraten. In der österreichischen Botschaft in der Friedrichstraße 60 gehen erste Anrufe ein, bei denen über einen „Rückfall Österreichs in die NS-Zeit“ spekuliert wird.

„Vereinzelt fragen die Menschen bereits, ob sie jetzt überhaupt noch nach Österreich reisen sollen“, berichtet Botschaftssprecher Georg Schnetzer. Am Sonntagabend versammelten sich eine Handvoll Menschen vor der Botschaft, um gegen die Verhandlungen zwischen der ÖVP und Haiders FPÖ zu protestieren. Unter „Nazis raus“-Rufen drangen einige Demonstranten kurzzeitig in das Gebäude ein, zerschlugen eine Scheibe der Hausalarmanlage und lösten Alarm aus. Die österreichische Vertretung hat bereits Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstattet.

Botschaftssprecher Schnetzer kann die Besorgnis, mit der die internationale Öffentlichkeit auf die drohende Machtbeteiligung der rechtsextremen FPÖ reagiert, nicht verstehen. Er verteidigt die Koalitionsgespräche als innere Angelegenheit: „Ich muss zurückweisen, dass so in innere Verhältnisse hineinreagiert wird.“ Die neue Regierung werde sich klar von der NS-Vergangenheit distanzieren und keine ausländerfeindliche Politik betreiben. Dass sich ÖVP und FPÖ als erstes auf einen Zuwanderungsstopp für Ausländer geeinigt haben, spielt da keine Rolle. „Man muss einer neuen Regierung ihre Chance lassen.“

Auch bei der „Österreich-Werbung“, dem in Berlin ansässigen österreichischen Fremdenverkehrsverein, verzeichnet man bereits besorgte Nachfragen potenzieller Urlaubsgäste. Doch Sprecherin Nina Genböck will sich zu einer möglichen Beteiligung Haiders an der Macht nicht äußern: „Wir sind nur für den Tourismus zuständig.“ Über 48,9 Millionen Menschen wählten 1999 Österreich als Urlaubsziel. Die Einnahmen betrugen 157,4 Milliarden Schilling, umgerechnet fast 23 Milliarden Mark. Österreich erwirtschaftet den größten Teil seines Bruttosozialproduktes durch den Fremdenverkehr.

Andreas Spannbauer