Moderne Kunst im Wartestand

■ Der Bau der Berlinischen Galerie verzögert sich um eineinhalb Jahre. Zugleich verteuert sich der Neubau für das Land. Dem Museum entstehen Mehrkosten durch Auslagerungen

Man hat sich in Berlin schon beinahe daran gewöhnt, dass neue Museen später eröffnen als geplant. Das Jüdische Museum soll 2002 statt 1999, das Ausstellungszentrum Topographie des Terrors ebenfalls zwei Jahre später (2001) bespielt werden. Auch der Bau für das Landesmuseum moderner Kunst, die Berlinische Galerie, verzögert sich. Anstelle der vorgesehenen Eröffnung 2001 wird das Museum am Kreuzberg erst Ende 2002 oder Anfang 2003 fertig gestellt sein.

Zugleich verteuert sich der Bau auf dem einstigen Gelände der Schultheiss-Brauerei um rund 1,2 Millionen Mark auf 24,7 Millionen. Die Verzögerung kostet außerdem die Berlinische Galerie zusätzliche Depotkosten in Höhe von 700.000 Mark jährlich.

Nach Ansicht von Willo Göpel, Sprecher des Investors Realprojekt, der das Landesmuseum realisiert, wird sich die Bauzeit „um eineinhalb Jahre“ verzögern, weil das Land mit der vertraglichen Regelung zeitlich in Rückstand geraten war. Seitens der Investoren, so Göpel, hätte die anvisierte Eröffnung 2001 eingehalten werden können. Damit nicht noch mehr Zeit verspielt werde, soll im Frühjahr 2000 der Bauantrag beim Bezirk Kreuzberg eingereicht werden. Mit der Baugenehmigung für das Museum rechnet Göpel „im Herbst dieses Jahres“.

Das Land Berlin und Realprojekt hatten 1998 verabredet, dass der Investor die Berlinische Galerie für 23,5 Millionen Mark baut. Im Gegenzug sollte Realprojekt das Studentendorf Schlachtensee als Liegenschaft für Luxuswohnugen erhalten und vermarkten dürfen. Gegen den Deal hatten nicht nur Studenten, die FU-Leitung und Denkmalschützer protestiert. Auch der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses liess das Tauschgeschäft platzen. Erst letzte Woche entschied der Senat, Realprojekt nur den Bau des Museums für 23,5 Millionen Mark zu finanzieren.

Göpel zeigte sich „zufrieden über die Lösung am Kreuzberg“ aber „verwundert über die Angelegenheit in Schlachtensee“. Die Investoren hätten beim Studentendorf jahrelang Planungsleistungen eingebracht, ohne Gegenleistungen zu erhalten. Darum soll geprüft werden, ob das Land zu Entschädigungen herangezogen werden kann. Außerdem seien die Zinsen in Höhe von rund 1,2 Millionen Mark auf die Museumssumme von 23,5 Millionen Mark vom Land zu entrichten, so Göpel.

Die Verzögerung bringt auch die Berlinische Galerie in Geldnot. Seit dem Auszug aus dem Martin-Gropius-Bau seien wesentliche Teile der Sammlung moderner Kunst in Fremddepots untergebracht, sagte Jörn Merkert, Direktor des Museums. „Je länger wir ausgelagert bleiben, desto länger müssen wir Miete zahlen.“ Derzeit lagern Meisterwerke der klassichen Moderne und Gegenwart im Westhafen in Tegel.

Für die Unterbringung der Kunstwerke, so Merkert, falle derzeit eine jährliche Miete von rund 700.000 Mark an, die aus dem Etat der Galerie aufgebracht werden müssen. Rolf Lautenschläger