Schlechte Kredite für osteuropäische Länder

Umweltschützer kritisieren europäische Bank für umweltschädliche Projekte und Geheimniskrämerei und fordern eine Reform. Die EU-finanzierte Bank weicht Kritik aus

Brüssel (taz) – Wenn im Budapester Stadtteil Káposztásmegyer die Menschen keinen Schlaf finden, weil Schwerlaster unter ihrem Fenster vorbeibrausen, dann gilt ihr stummer Dank der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg. Sie hat die Kredite für den Orbital Motorway um Budapest, kurz MO, bereitgestellt.

Im November 1998 schrieben ungarische Umweltschützer und Anwohnerorganisationen dem Präsidenten der EIB, Sir Brian Unwin, den ersten Brief. Sie wiesen darauf hin, dass die Baugenehmigung auf Grundlage eines Plans erteilt worden war, in dem ein 150 Meter entfernt liegender Wohnkomplex mit 5.000 Einwohnern gar nicht eingezeichnet ist. Außerdem würde die größte Kreuzung direkt neben einer Grundschule entstehen. Die geplante Straße durchschneide ein Naturschutzgebiet und verschlechtere die Luftqualität in der Stadt. Entgegen den Versicherungen der Bezirksregierung habe es weder eine Ankündigung des Projekts in einer Zeitung noch eine öffentliche Anhörung gegeben. Dies verstoße nicht nur gegen ungarisches Recht, sondern auch gegen Grundsätze der EU-Politik, die Transparenz und Umweltverträglichkeit von Projekten vorschreibe.

In dem Briefwechsel, der dann folgte, war auch der Ombudsmann des Europäischen Parlaments, Jacob Söderman, einbezogen. Er forderte die EIB mehrfach auf, zusätzliche Informationen über die Kriterien der Kreditvergabe für den Motorway bereitszustellen. Die Bank beantwortete die Fragen nicht, verwies vielmehr auf übliche Gepflogenheiten im internationalen Kreditgeschäft und die Interessen ihrer Shareholder, der Mitgliedsstaaten. Am 21. Juli 1999 verhängte das Oberste Gericht in Budapest einen vorläufigen Baustopp.

Ungarische Umweltschutzgruppen wandten sich im Dezember an den für Erweiterung zuständigen Kommissar Günter Verheugen. Es seien auch Mittel aus dem Phare-Programm für Osteuropa im Budapester Boden versenkt worden. Der angerichtete Schaden – ein großer Abschnitt der Straße ist bereits fertig – sei nicht rückgängig zu machen. Der Kommissar solle aber mitteilen, wie er in Zukunft sicherstellen wolle, dass von der EU finanzierte Projekte mit nationalen Gesetzen und EU-Grundsätzen übereinstimmen.

Die EIB ist mit dieser Aufgabe offenbar überfordert. Sie wirbt mit ihrer schlanken Verwaltungsstruktur, die es möglich mache, Kredite billiger anzubieten als beispielsweise die Weltbank. Das Aufgabengebiet hat sich aber seit der Gründung 1958 im Rahmen der Römischen Verträge ständig erweitert. Obwohl sich die EIB der ökologischen Nachhaltigkeit verpflichtet hat, gehört nur ein Umweltexperte zum Mitarbeiterstab. Seit 1989 engagiert sich die Bank in mittlerweile zehn Ländern Osteuropas mit ihren Projekten. 1997 vergab sie dort Kredite in Höhe von 7 Milliarden Euro.

Die osteuropäische Bürgerorganisation „ CEE Bankwatch“, die das Finanzgebaren internationaler Kreditinstitute unter die Lupe nimmt, hat zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung einen Bericht über die Aktivitäten der EIB verfasst. Gestern diskutierte sie die Ergebnisse in Brüssel mit Vertretern der EU-Kommission und des Europaparlaments. Auch die EIB war eingeladen an dem Gespräch teilzunehmen. Sie schickte aber nur einen Beobachter.

Daniela Weingärtner