Weyrauch will nicht Sündenbock sein

Der Finanzberater ist sauer auf seinen früheren Arbeitgeber, die CDU. „Weyrauch aus Frankfurt ist nicht Schreiber aus Toronto“, versichert sein Anwalt. CDU will Weyrauch von Schweigepflicht entbinden ■ Von Patrik Schwarz

Berlin (taz) – „Nun wirklich nicht!“ Eberhard Kempf nimmt seinen Mandanten in Schutz. „Weyrauch aus Frankfurt ist nicht Schreiber aus Toronto“, versichert der Anwalt des früheren CDU-Finanzberaters Horst Weyrauch. Es ist der Tag nach der ersten öffentlichen Erklärung des Vermögensverwalters zur Spendenaffäre. Inhaltlich hat das Dokument nicht viel Neues enthalten, aber dem Finanzberater von seinem früheren Auftraggeber, der CDU, den Vorwurf eingebracht, nur scheibchenweise mit der Wahrheit ans Licht zu kommen. „Er hat längst nicht alles gesagt, was man von ihm hören wollte“, lautet die Klage in der CDU-Bundestagsfraktion.

Im Gespräch mit der taz verteidigt Anwalt Kempf seinen Mandanten gegen den Verdacht, ähnlich wie der Waffenhändler Karlheinz Schreiber von Kanada aus die Union mit Querschüssen unter Druck zu setzen. Weyrauch habe nie zuerst die Medien informiert, sondern immer die Partei und die Staatsanwaltschaft, so auch im Fall der Erklärung vom Sonntagabend. Darin hatte Weyrauch eingeräumt, 20,8 Millionen Mark für die hessische CDU in der Schweiz deponiert zu haben. Die Herkunft des Geldes aber kenne er nicht. „Wir werden nicht zu einem neuen Stil übergehen“, sagt Kempf, der auch den Finanzjongleur Nick Leeson und den ausgestiegenen Terroristen Hans-Joachim Klein vertrat.

Weyrauch verfolgt mit zunehmendem Ingrimm, wie ihn die CDU zum alleinigen Dunkelmann im Spendensumpf zu machen versucht. „Die Erklärung ist natürlich entstanden auf Grund von Verantwortungs- und Schuldzuweisungen, die durchaus auch aus Richtung der CDU geäußert wurden“, schildert Kempf Weyrauchs Motive. „Wenn Sie die CDU-Gremien tage- und nächtelang über rechtliche Schritte gegen Sie beraten sehen, dann fällt das nicht gerade auf einen günstigen Boden“.

Weyrauch glaubt offenbar, wie so viele Beschuldigte in der CDU-Spendenaffäre, nur seine Pflicht getan zu haben. Er habe stets eine „dienende Rolle“ eingenommen und immer auf Anweisung gehandelt, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters kurz nach Veröffentlichung seiner Erklärung. „Ich war sicher nicht die Schlüsselfigur in der Finanzaffäre.“ Von den Aufklärungsbemühungen der Partei, aus der er vergangene Woche kommentarlos austrat, hält er wenig: „Das ist das übliche Spiel, dass man jetzt einen Schuldigen sucht.“

Spätestens seit der nächtlichen CDU-Präsidiumssitzung am Sonntag vor acht Tagen wächst in Weyrauch der Unmut. Das Gremium war sich rasch einig geworden, juristische Geschütze zwar gegen den Ex-Finanzberater in Stellung zu bringen, seinen Auftraggeber Helmut Kohl aber zu verschonen. Dabei sieht Weyrauch sich, anders als Kohl, zur Aussage bereit – und kann also keinen Grund für juristische Folterwerkzeuge erkennen. „Bei uns braucht ihr's nicht, und da wo ihr's braucht, tut ihr's nicht“, gibt Eberhard Kempf die Empörung seines Mandanten über die CDU-Beschlüsse wieder. Befürwortet der Ex-Berater im Umkehrschluss etwa Zwangsmittel gegen seinen früheren Auftraggeber? So weit will Kempf nicht gehen, aber das Verhältnis von Weyrauch und Kohl sei weit weniger vertraut als von den Medien dargestellt. Von einer Freundschaft gar sei ihm nichts bekannt.

Stimmt die Einschätzung des Anwalts, dann hätte Weyrauch weniger Veranlassung als allgemein angenommen, Helmut Kohl zu schützen. Damit steht dem Untersuchungsausschuss des Bundestages eine interessante Aussage bevor. Zumindest die CDU will sich dem nicht länger in den Weg stellen. Wie ein Parteisprecher der taz gestern bestätigte, wird sie Horst Weyrauch von seiner Schweigepflicht entbinden.