Schäuble: Wer zweimal lügt . . .

CDU-Chef traf Schreiber noch mal

Berlin (dpa/taz) – CDU-Parteichef Wolfgang Schäuble ist zum zweitem Mal dabei ertappt worden, die Wahrheit zu vertuschen. Entgegen früheren Angaben räumte er gestern ein weiteres Treffen mit dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber ein. Die Begegnung habe am 2. Juni 1995 stattgefunden, erklärte ein Fraktionssprecher in Berlin. Im Dezember hatte Schäuble im Bundestag trotz bohrender Nachfragen noch betont, Schreiber nur ein einziges Mal im Jahre 1994 bei einer Sponsorenveranstaltung der CDU getroffen zu haben. Am 10. Januar gab er dann zu, dass der Waffenhändler ihm kurz nach dem ersten Treffen 100.000 Mark in bar überreicht hatte. Das Geld ist in den CDU-Kassen nicht mehr auffindbar. Inzwischen behauptet Ex-CDU-Schatzmeisterin Baumeister, sie habe Schreibers Bimbes entgegengenommen.

Der SPD-Sprecher im Spenden-Untersuchungsausschuss, Frank Hofmann, forderte Schäuble auf, die Motive für sein langes Schweigen offen zu legen. „Warum belügt Schäuble die Öffentlichkeit ein zweites Mal?“, fragte Hofmann. Der Obmann der Grünen im Spenden-Untersuchungsausschuss, Hans-Christian Ströbele, sagte, sollte Schäuble bewusst die Unwahrheit gesagt haben, müsse er zurücktreten.

Nach ARD-Informationen hatte Schreiber 1995 zunächst die damalige Schatzmeisterin Brigitte Baumeister aufgesucht und war dann zu Schäuble geleitet worden. Der CDU-Fraktionschef habe sich bei Schreiber offenbar für die Spende bedankt. Schreiber habe bei dem Treffen das von ihm verfolgte Projekt einer Panzerfabrik in Kanada angesprochen und auf Unterstützung durch die Bundesregierung gehofft. Schäuble selbst behauptet, sich an das Treffen nicht mehr erinnern zu können: „Ich habe keinerlei Erinnerung.“

Während Schäuble in Berlin unter Druck geriet, besteht auch bei der Hessen-CDU und Ministerpräsident Roland Koch (CDU) neuer Aufklärungsbedarf. Der langjährige CDU-Steuerberater Horst Weyrauch warf Koch gestern vor, ihn zur Finanzaffäre nie befragt zu haben. Sonst wäre schon viel eher Licht ins Dunkel der Affäre gekommen, sagte Weyrauchs Anwalt Kempf. Stattdessen habe Koch einen Tag vor der Übergabe von Weyrauchs detailliertem Bericht in einer Pressekonferenz falsche Zahlen verbreitet, meinte Kempf. Koch hatte mehrfach gesagt, er habe die Affäre so gründlich wie möglich untersucht und alle Beteiligten befragt. Die Hessen-CDU wies gestern Weyrauchs Version zurück: Es habe mindestens zwei Treffen zwischen ihm und CDU-Generalsekretär Müller gegeben. klh

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