Alles geändert, nichts bewegt ■ Selbstreform der Unis ist gescheitert

Es ist frustrierend. Über weite Strecken wiederholt der Wissenschaftsrat in seiner Stellungnahme zur Berliner Universitätslandschaft genau jene Ratschläge, die schon 1992 eine vom Senat eingesetzte „Landeshochschulstrukturkommission“ erarbeitet hatte. Damals gelobten die drei Universitäten Besserung – und wurstelten acht Jahre lang weiter wie bisher.

Die Ebbe in den öffentlichen Finanzen, durch die Vereinigungskrise verstärkt, hat die Reformdebatte angestoßen. Zugleich aber hat sie dazu geführt, dass sich die Hochschulen noch ängstlicher als bisher in ihren Elfenbeintürmen einigelten. Mit anderen Universitäten zu kooperieren – das hätte in ihren Augen nur bedeutet, dem klammen Landeshaushalt weitere Sparpotenziale zu erschließen.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Durch Finanzierungsverträge mit vierjähriger Laufzeit hat Ex-Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) die Uni-Etats dem unmittelbaren Zugriff der Haushaltspolitiker entzogen und mittelfristig auf niedrigem Niveau stabilisiert.

Dieser überaus geschickte Schachzug hätte dem Senat wie den Hochschulen genügend Luft für eine wirkliche Strukturreform verschaffen können. Hätte. Denn der gewiefte Taktiker Radunski, der nicht selbst als „Sparschwein“ dastehen wollte, überließ alles Konkrete ganz generös den Hochschulen. Dort siegten, wie nicht anders zu erwarten, die Partikularinteressen. Die Professoren waren bereit, alles zu verändern – nur damit sich für sie selbst nichts veränderte.

Das war dem Senator nicht entgangen, deshalb bat er den Wissenschaftsrat um seine Stellungnahme. Der fand zwar nur heraus, was alle Kundigen längst wissen – aber er formuliert es mit der Autorität des außen stehenden Experten. Inzwischen haben selbst Flächenstaaten längst damit begonnen, die Spezialgebiete ihrer Hochschulen aufeinander abzustimmen. Im Stadtstaat Berlin dagegen gelang das bislang nicht.

Radunskis Nachfolgerin Christa Thoben (CDU) darf nicht zulassen, dass die Vorschläge des Wissenschaftsrats wieder zerredet werden. Vom akuten Spardruck befreit, müssen sich die Universitäten endlich bewegen – damit Wissenschaft in Berlin wieder Spaß macht. Ralph Bollmann