Bücher und Professoren am falschen Platz

Noch immer leiden die Universitäten unter den Folgen von Teilung und Vereinigung

Auch in die Bibliotheken haben die Gutachter einen Blick geworfen – und am Beispiel der Sprachwissenschaften festgestellt, was sich auf nahezu alle Fächer übertragen lässt. „Die Humboldt-Universität verfügt über eine gute Personal-, aber nur eine mäßige Bibliotheksausstattung (erhebliche Lücken zwischen 1945 und 1990)“, schreiben sie. Die Bibliotheken der FU dagegen seien „vorzüglich“, durch Kürzungen sei der „Erhalt des einstigen Niveaus“ allerdings „ernsthaft gefährdet“.

Die Misere bei den Büchern ist symptomatisch für die Lage der Berliner Hochschulen: Auch im elften Jahr nach dem Fall der Mauer leiden sie noch immer unter den Folgen der Teilung. An der Humboldt-Universität im Osten wurde in den ersten Jahren nach der Vereinigung kräftig in die professorale „Software“ investiert. Die in Jahrzehnten gewachsene „Hardware“ der großen Bibliotheken und geräumigen Hörsäle verblieb dagegen an der FU im Westen.

Nach Barbara Riedmüller (SPD), Manfred Erhardt (CDU) und Peter Radunski (CDU) versucht sich mit Christa Thoben (CDU) schon die vierte Wissenschaftssenatorin an der Aufgabe, aus den historischen Zufällen der Geschichte ein tragfähiges Konzept für die Zukunft zu entwickeln.

Die Versuche scheiterten nicht nur an mangelnder Einsicht der Beteiligten, sondern auch an der Ebbe in den öffentlichen Kassen. So war ein „Strukturplan“, den Erhardt schon 1993 vorgelegt hatte, schnell Makulatur. Drei Jahre später war klar, dass die beiden Westberliner Universitäten auf ein Drittel ihrer Etats verzichten müssten. So schnell konnten sie aber gar nicht sparen. Denn einst hatte der Senat die Unis als Instrumente der Beschäftigungspolitik missbraucht. Uni-eigene Druckereien beispielsweise sollten in der eingemauerten Halbstadt Arbeitsplätze schaffen. Weil die Unis diese Beschäftigten weiter bezahlen müssen, bleibt der wissenschaftliche Nachwuchs mit seinen Zeitverträgen oft auf der Strecke. rab