Ehrnwort ■ Von Fanny Müller

Dienstag haben wir uns wieder im „Sagres“ am Hafen getroffen, das machen wir einmal im Monat, die alten Kollegen aus der Gewerbeschule und ich. Am Hafen müssen wir uns wegen Detlef treffen, der immer noch mal schnell nach den Schiffen kucken muss, weil er früher bei der Marine war.

Wir hatten als Vorspeise zweimal die Gambaplatte mit Tomatensauce, aber es waren insgesamt 14 Gambas, die kann man schlecht unter vier Leuten aufteilen, deshalb sagte ich: „Ich hatte erst zwei, Ehrnwort!“ Da zählten die Kollegen aber die Schalen auf meinem Tellerrand nach, und ich musste zugeben, dass es drei oder so gewesen waren. Die Kollegen fanden, dass ich bei der Erreichung der Altersgrenze – in Wirklichkeit meinten sie bei der Erreichung des Altersstarrsinns – in die Politik gehen sollte. Da war ich aber schon, und es hat mir nicht gefallen. Danach kamen wir gleich auf die verschwundenen Millionen („Also von mir hat er die nicht, Ehrnwort!“). Manfred zog dann einen Zettel aus der Tasche. Er schreibt immer alles Mögliche aus dem Volks-Brockhaus von 1959 ab: „Ehrenwort, die Verpfändung der persönlichen Ehre zur Bekräftigung eines Versprechens oder einer Aussage. Das E. ist rechtlich bedeutungslos.“

Das wussten wir aber alles schon. Wir mussten nur noch schnell klären, ob es „Versprechen“ oder „Verbrechen“ heißt. Bis die Lammfilets mit Bratkartoffeln kamen, spekulierten wir, von wem der Zaster nun wirklich in den Koffer gepackt worden ist. Zur Debatte standen Saddam Hussein, Jelzin, Ecevit, der Führerbunker und die Ehrenwortkasse der CDU. Wir entschieden aber noch nichts, sondern wandten uns bei einer weiteren Schüttung Roten dem Thema zu, auf was für interessante Ideen manchmal Leute kommen, die von Rechts wegen gemütlich ihr Rentnerdasein pflegen, z. B. die Aktienkurse beobachten und ihren Hund ausführen sollten. Bernd berichtete über seine Datsche in einem Wendlanddorf von 30 (!) Einwohnern, wo die Nachbarsfrau im Geräteschuppen einen Fischladen aufgemacht hat und ihr Mann eine Kneipe, die aber mit seinem Wohnzimmer identisch ist; nachmittags hütet er die Kühe seines Schwiegersohns, abends geht es rund, und am Wochenende dann der Posaunenchor, da fliegen einem die Kunstgebisse um die Ohren ... Das klingt doch ganz gut.

Unsere eigenen Pläne „für später“ sind mangels naher Erreichung der Altersgrenze noch nicht sehr weit gediehen. Fest steht nur Detlefs Plan, alle Schiffsmuseen zu besichtigen, die er noch nicht besichtigt hat. Das können nur noch verschwindend wenige sein, wenn man mal berücksichtigt, wie viele Dia-Abende er schon zu diesem Thema veranstaltet hat.

So viel zur Lage in Deutschland, jedenfalls was mich betrifft. Alles andere steht ja in den Zeitungen, und ich glaube trotz des besorgten Geschnatters, dass die CDU-Kiste der Demokratie weder ab- noch zuträglich ist. Da müsste man erst mal wissen, von was für einer Demokratie denn die Rede ist. Und ob man sich die überhaupt wünschen sollte. Ehrnwort!

PS: Eben im Ersten italienischen Professor gesehen. Soll die Finanzskandale der Democrazia Cristiana und die der CDU vergleichen. Scheint der richtige Mann dafür zu sein. Der Professore Giovanni Maria Flick.