Auf Du und Du mit der Stasi
: Stasi in der Bremer Uni

■ Der umstrittene Buchautor Hubertus Knabe stellte sich dem Bremer Publikum

Der Vortrag des Historikers Hubertus Knabe bewegte die Gemüter an der Bremer Uni offensichtlich. Mit etwa hundert Gästen quoll der Sitzungssaal der Uni-Verwaltung förmlich über, als der Stasi-Forscher über die Aktivitäten des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) an westdeutschen Hochschulen berichtete.

Was die Bremer Uni angeht, ist die Datenlage jedoch ausgesprochen dürftig. Da die Akten der zuständigen „Hauptverwaltung Aufklärung“ weitgehend vernichtet sind, referierte Knabe vor Allem aus der Personalakte des IM „Lothringer“. Dahinter verbarg sich Wolfgang Schmitz, seit Mitte der 60er-Jahre Stasi-Zuträger und von 1973 bis 1987 Pressesprecher der Bremer Uni. Schmitz, der nie einen Hehl aus seiner Nähe zur DDR gemacht hatte, berichtete aus politischer Überzeugung drei- bis viermal im Jahr dem MfS. Mehr Treffen lohnten sich nicht, notierte damals sein Führungsoffizier. Erst als die Bremer Uni dem in der DDR inhaftierten Rudolf Bahro eine Gastprofessur anbot, kam es zu häufigeren Treffen. Vorher, so Knabe, war das MfS vor allem an Informationen über die Forschungsstelle Osteuropa interessiert, wie Knabe in seinem Buch darstellt, gleich allen anderen Osteuropa-Instituten ein besonderes „Feindobjekt“.

Leiter Wolfgang Eichwede erinnert, dass Schmitz von ihm damals lediglich öffentlich zugängliches Material erhielt, die Quellen in den osteuropäischen Ländern hingegen geschützt blieben. Die Spionage aus Polen und der CSSR, so Eichwede, sei für das Institut weitaus problematischer gewesen.

Einige Teilnehmer der anschließenden kurzen Diskussion legten Wert auf die Feststellung, nicht alle, die der DDR politisch nahestanden, hätten auch für die Stasi spioniert. Kontrovers wurden Knabes abschließende Wertungen der DDR aufgenommen: Auf seine Forderung, die DDR-Geschichte mit der gleichen Gnadenlosigkeit aufzuarbeiten, „mit der wir unsere Eltern mit dem Nationalsozialismus konfrontiert haben“, übertönte doch der Applaus das unwillige Murren. Die „deftige, aber auch zutreffende“ Fünfzigerjahre-Charakterisierung der DDR als „rotlackierter Faschismus“ mochten dagegen wenige Anwesende mit dem Referenten teilen. Mit Kopfschütteln nahmen viele am Ende zur Kenntnis, die Stasi hätte Globke zu einer der zentralen Figuren des NS-Systems montiert. „Hat er den Kommentar zu den Nürnberger Gesetzen aus Versehen geschrieben?“ fragte ein Zuhörer. Auch Knabes Hinweis, der Krefelder Appell gegen den NATO-Doppelbeschluss sei aus Ost-Berlin finanziert worden, wurde vom in die Jahre gekommenen Publikum nicht goutiert. „Ist doch egal“, sagte eine Sozialdemokratin beim Rausgehen, „richtig war er trotzdem.“ not

Hubertus Knabe: Die Unterwanderte Republik. Stasi im Westen. 49,90 Mark