Ruhe bitte, Aufnahme läuft

Drehorte suchen, Pappbecher einsammeln und wissen, wie lange Kinder drehen dürfen: Aufnahmeleitung kann man lernen  ■ Von Silke Langhoff

Was haben einE AufnahmeleiterIn und ein Zitronenfalter gemeinsam? – Ein Zitronenfalter faltet auch keine Zitronen. „Dieser Joke ist zwar alt, aber deshalb nicht weniger aktuell“, bedauert Julia Schorn, Geschäftsführerin der Hamburger Filmwerkstatt. Während allerdings niemand von dem Schmetterling verlangt, Zitronen zu falten, sollte die AufnahmeleiterIn der Aufgabenbezeichnung durchaus gerecht werden.

Sollte – doch bis dato erschließt sich dieser bei einer Filmproduktion besonders sensible Tätigkeitsbereich vorrangig durch „learning by doing“, Theoretisches wie Rechtsfragen bleibt auf der Stre-cke. Deshalb veranstaltet die Filmwerkstatt in diesem Jahr eine Kursreihe zur Aufnahmeleitung bei Werbe-, Kino- und Fernsehproduktionen. Weil es so etwas in dieser Form bisher nur in Hamburg gibt, kommen die TeilnehmerInnen auch aus Berlin, Köln und München.

Was macht der Motiv- und was diw SetaufnahmeleiterIn? Wie lange darf mit Kindern gedreht werden? Was unterscheidet Excel von der Kalkulations- und Planungssoftware Movie-Magic und Sesam? Diesen und anderen Fragen wird in acht Wochenendseminaren nachgegangen. Wenn die erste Seminar-Staffel, die seit dem 15. Januar läuft, im März mit einem Abspann enden würde, müsste darin wohl stehen: „Initiiert und realisiert durch das Medienwerk Bildung, die Stiftung Berufliche Bildung und das Hamburger Filmwerk. Mit freundlicher Unterstützung des Europäischen Sozialfonds sowie der Hansestadt Hamburg.“ The End? – Mitnichten: Bereits am 27. Februar startet ein zweiter Durchlauf für bis zu 16 TeilnehmerInnen.

Zielgruppe der berufsbegleitenden Weiterbildung sind Leute, die bereits in der Aufnahmeleitung arbeiten oder sich dafür interessieren. Vorraussetzung ist lediglich praktische Erfahrung mit dem Dreh: „Jemand muss schon mal am Set gewesen sein, und sei es als Praktikant, Fahrerin oder Kabelträger“, betont Projektleiterin Gabriele Strothmann, Mitarbeiterin der Stiftung Berufliche Bildung.

Wolfgang Esser, Herstellungsleiter der Produktionsfirma Trebitsch, hat das Seminarkonzept mit erarbeitet und leitet einen Kurs. Er beklagt, dass einige AnwärterInnen wenig Ahnung vom Berufsbild hätten: „Die denken, um Motivaufnahmeleiter zu werden braucht man nur einen Stadtplan und die gelben Seiten.“ Dabei sei diese Position so etwas wie die Visitenkarte eines Filmunternehmens. Mit dem Drehbuch im Kopf durchstreift die MotivaufnahmeleiterIn beispielsweise die Stadt auf der Suche nach geeigneten Handlungsschauplätzen. Erweist sich die schmucke Backstein-Villa in Othmarschen als idealer Ort, an dem die Männer vom K3 einen Verbrecher dingfest machen, so muss mit der dort hausenden WG um Dreherlaubnis und -konditionen verhandelt werden. „Und zum Schluss schleppt er auch die Müllsäcke raus“, informiert Esser – das allerdings ist kein Unterrichtsgegenstand.

Die relativ moderate Teilnahmegebühr von 200 Mark pro Wochenend-Kurs (die gesamte achtteilige Seminarreihe kostet 1360 Mark) soll der finanziellen Situation der BerufseinsteigerInnen entgegenkommen. Das Arbeitsamt unterstützt die Fortbildung nicht, da sie weniger als 30 Wochenstunden umfasst. „In Einzelfällen finden Arbeitsberater aber eine Lösung“, weiß Strothmann.

Filmtheoretische und rechtliche Grundlagen stehen ebenso auf dem Seminarplan wie Organisation, Drehplanung und -durchführung sowie Verhandlungsführung und Konfliktmanagement. Denn AufnahmeleiterInnen sollten alles Mögliche wie Unmögliche während einer Produktion zusammenhalten können. Und beispielsweise auch darauf achten, dass Uwe Ochsenknecht rechtzeitig vom Hotel Atlantic abgeholt wird oder die Crew-Mitglieder zwischen den Drehpausen keine Pappbecher in den Kulissen stehen lassen.

Informationen und Anmeldungen bei Gabriele Strothmann, 040-211 12-129.