Große Koalition als großer Verhinderer

■ Fixerstuben wird es in Bremen vorerst nicht geben: Gestern enthielt sich das Bundesland im Bundesrat und vertritt nun eine Position, die sogar in manch' CDU-regiertem Land überholt ist

Mit der geplanten Zulassung von „Fixerstuben“ ist die rot-grüne Bundesregierung gestern im Bundesrat gescheitert: 35 Stimmen waren notwenig. Nur 30 kamen zusammen. Die großen Koalitionen in Bremen (drei Stimmen), Berlin und Brandenburg (je vier Stimmen) hatten sich enthalten – sonst wäre das Gesetz durchgekommen, das den Erlass entsprechender Rechtsverordnungen und die Einrichtung eines zentralen Methadon-Registers ermöglicht hätte.

„Nicht anders erwartet“, hatte Georg Kurz vom Bremer Drogenverein „Akzept“ die Entscheidung. Schließlich würden weder Bürgermeister Henning Scherf (SDP) noch Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) in Bremen als Befürworter der Fixerstuben gelten. Lorenz Böllinger, Mitdirektor des Bremer Instituts für Drogenforschung, sieht das ähnlich: Diese Entscheidung „passt in die verfehlte Bremer Drogenpolitik.“ Nach Koalitionskompromiss klinge die Enthaltung eigentlich nicht, schließlich „will die SPD selbst keine Fixerstuben“.

Für die Bremer CDU war die Enthaltung anscheinend Anlass für Freudenschreie: Mit der Enthaltung habe Bremen zum Scheitern des Gesetztes „entscheidend beigetragen“, jubelt Perschau, der gestern das „Scheitern der geplanten Fixerstuben ausdrücklich begrüßte“. In Perschaus Heimat Hamburg wundert man sich dagegen über den Politiker: Denn dort ist die Mehrheit der CDU mittlerweile für die Fixerräume.

Dabei schienen in Sachen Drogenpolitik die Parteilinien bundesweit eigentlich zu verschwimmen. Sogar die Saarländer CDU stimmte für den nun gekippten Gesetzentwurf. „In der Drogenpolitik ist die CDU im Saarland liberaler als die Bundes-CDU“, sagte Regierungssprecher Udo Recktenwald zur taz. Denn dort habe die CDU noch in der Oppositon gute Erfahrung mit der Fixerstube in Saarbrücken gemacht. Und auch die Frankfurter CDU-Oberbürgermeisterin sprach sich für die Fixerstuben aus, während ihr CDU-Landeschef Roland Koch gestern dagegen stimmte.

In der Bremer Regierungskoalition herrscht statt dessen offenbar Einigkeit über die Stimmenthaltung. Der Senat hatte Scherf und Perschau freie Hand gelassen, wie sie sich im Bundesrat verhalten. Und damit war die Entscheidung so gut wie klar.

Als „ideologisch verbohrt“ betrachten dagegen die Bremer Grünen die Entscheidung. Schließlich hätte eine Zustimmung nicht sofort die Errichtung von Fixerstuben in Bremen bedeutet, sondern es den Ländern und Kommunen offen gelassen, einen gesetzlichen Rahmen dafür zu schaffen. „Aus dogmatischen Gründen wird den Kommunen jetzt die Möglichkeit genommen“, ärgert sich Caroline Linnert. Außerdem gebe es einen anderslautenden Bürgerschaftsbeschluss: 1992 hatte die Bürgerschaft den Senat beauftragt, einer vergleichbaren Hamburger Initiative im Bundesrat zuzustimmen. Und der gelte noch immer.

Andere SPD-Politiker empörten sich gestern über die Haltung der CDU im Bundesrat: Hamburgs Oberbürgermeister Ortwin Runde (SPD) sieht in der Entscheidung eine „unverantwortliche ideologische Blockade“. Er erwarte, dass die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufe.

Kenner der Bremer Drogen-Szene waren unterdessen sogar „ganz froh“, dass die Änderung gestern nicht durchkam: Das alte Gesetz sei viel flexibler und ließe mehr Auslegungsspielraum. Nach der neuen Regelung aber hätte es diesen Spielraum nicht mehr gegeben. Lorenz Böllinger hofft, dass nun vor den Gerichten Präzedenzfälle ausgefochten werden, die die bestehenden Fixerstuben rechtlich absichern. pipe