Kein Bachmann-Preis mehr

Schriftstellerinnen-Erben ziehen Namensrechte zurück

Berlin (taz) – Der renommierteste Literaturpreis Österreichs wird seinen Namen verlieren. Die Erben der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann haben aus Protest gegen die neue Regierungspolitik unter Beteiligung der rechten FPÖ untersagt, den Preis unter diesem Namen zu vergeben.

Die Schwester der Dichterin, Isolde Moser, sagte gegenüber der taz, ein Verbot des Namens sei nötig geworden, um sich von der neuen politischen Konstellation abzugrenzen. Es gehe ihr gar nicht nur um FPÖ-Chef Jörg Haider, erklärte Moser, „es geht vielmehr um die große politische Entwicklung im Land. Das deutet jetzt weit über Kärnten hinaus.“ In einer schriftlichen Erklärung an den Kärntner Landeshauptmann Haider hatte sie zusammen mit ihrem Bruder Heinz Bachmann erklärt, das Verbot gelte so lange, „bis wir davon ausgehen können, dass die Politik in diesem Lande nicht mehr beschämend sein wird und sich ihrer, der Weltliteratur zugehörenden Autorin, würdig erweist.“

Schon beim Bachmann-Wettbewerb 1999 wäre es beinahe zum Eklat gekommen: Eine Mehrzahl der jungen TeilnehmerInnen hatte beschlossen, den Preis des Landes Kärnten, den traditioneller Weise der Landeshauptmann Kärntens übergibt, von Jörg Haider nicht entgegenzunehmen. Auch die Jury hatte eine entsprechende Resolution verfasst. Doch Haider, der noch bei der Eröffnung selbstzufrieden und mediengerecht in der ersten Reihe gethront hatte, ersparte sich und den Dichtern den Eklat und verzichtete auf seinen Auftritt.

Haider reagierte gestern prompt: Er strich kurzerhand die 120.000 Schilling, die Kärnten bislang für einen der Preise aufgebracht hatte. Haider erklärte, die „totgelaufene und sterile Veranstaltung“ werde mit viel Aufwand betrieben, der Nutzen für Kärnten sei dagegen eher gering. Haider behauptete, die Entscheidung, das Geld in einen „attraktiveren Wettbewerb für den Nachwuchs“ zu investieren, sei bereits vor einem Monat gefallen.

Die Veranstalter des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs legten gestern Wert auf die Feststellung, dass die Veranstaltung ausschließlich von der Stadt Klagenfurt und dem ORF Kärnten organisiert wird. Das Land Kärnten sei außer der Stiftung eines der vier vergebenen Preise weder ideell noch finanziell in die Veranstaltung involviert. Den Bachmann-Preis wolle man retten. Der Preis des Landes Kärnten sei dagegen eher verzichtbar.

Entsetzt über die Entwicklung zeigte sich gestern auch die letztjährige Bachmann-Preisträgerin Térezia Mora. „Damit ist der Preis tot“, sagte sie gegenüber der taz. Mora sagte, sie verstehe die Reaktion der Erben voll und ganz. Sie selbst glaube nicht, dass Ingeborg Bachmann, würde sie heute noch leben, ihren Namen mit dem Literaturpreis unter diesen Umständen noch verbunden sehen wollte. Die Werte des Bachmann-Preises sind, nach Moras Ansicht, mit der Politik der neuen Regierung unvereinbar. Volker Weidermann