Baden-Württemberg will einLafög zum Bafög plus Studiengebühren

Wissenschaftsminister fordert eine Strukturreform, da Bafög-Mittel teils ungenutzt an den Finanzminister zurückgehen

Berlin (taz) – Verärgert über die Bafög-Reform des Bundes wartete der baden-württembergische Wissenschaftsminister Klaus von Trotha diese Woche mit einem eigenen Vorschlag auf. Der CDU-Mann will ein Landesausbildungsförderungsgesetz. Das „Lafög“ soll zusätzlich zum Bafög ausbezahlt und durch Studiengebühren finanziert werden. Trotha forderte vom Bund, den Ländern für die Ausbildungsförderung die notwendige gesetzgeberische Kompetenz einzuräumen.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) hatte vor zwei Wochen nach Kanzler Schröders Veto gegen eine Sockelfinanzierung ihre entschärfte Bafög-Reform präsentiert. Diese Reform sei ein „Fiasko“, sie schreibe nur die „unbefriedigenden Verhältnisse“ fort, begründete Trotha seinen Lafög-Vorstoß im Interview mit der Stuttgarter Zeitung. Mehr Geld für das Bafög wäre zwar notwendig, noch dringender sei jedoch eine Strukturreform.

Trothas Argumente für organisatorische Änderungen offenbaren das Desaster der bisherigen Förderungspraxis. Denn die Haushaltsmittel für das Bafög werden auf Länder-und Bundesebene gar nicht ausgeschöpft. Der Wissenschaftsminister aus Stuttgart erklärte: „1999 hatte Baden-Württemberg 110 Millionen Mark bereitgestellt. Ausgegeben wurden nur 81 Millionen Mark.“ Für das Jahr 2000 seien deshalb die Fördermittel um dreißig Millionen Mark gekürzt worden. Der Rest des Vorjahres ging zurück an den Finanzminister. Bulmahn und seine Länder-Kollegen würden diese Praxis kennen, betonte Trotha: „Sie machen den Tatbestand aber meistens nicht öffentlich, weil sie die Bafög-Gelder als Reservekasse nutzen.“

Als Grund für den Geldüberschuss vermutet Trotha: „Den Studenten ist offenbar der Verwaltungsaufwand zu hoch, weil die meisten nicht den Höchstsatz, sondern nur eine Teilförderung erwarten können.“ Deshalb will der Minister den Studis mit einem unbürokratischen Lafög entgegenkommen. Ob dieses nach anderen Kriterien als die Bundesförderung vergeben werden soll und etwa Mittelstandskids, die heute wenig Bafög zu erwarten haben, protegiert werden sollen, verriet der Minister nicht. In 14 Tagen werde ein genaueres Konzept vorliegen, hieß es aus der Pressestelle.

Fest steht: Sollte das Lafög Realität werden, müssen die Studis vorher für die Bildung zahlen. Die Studiengebühren, die Trotha seit längerem fordert, sollen dann zum Teil als Fördermittel ausgezahlt und zum Teil in die Forschung fließen. Der Landtagsabgeordnete der Grünen, Dieter Salomon, kommentierte den Lafög-Vorschlag: „Wir brauchen eine Reform auf Bundesebene und kein kaschiertes Abkassiermodell à la Trotha.“Isabelle Siemes