Die Stille vor dem Schusswechsel

Mal saufen, mal töten: Das Forum zeigt drei Filme von Johnnie To aus dem Jahr 1999, weil der Regisseur aus Hongkong von Slapstick bis zum Cop-Thriller alles in seinem Kino-Bauchladen parat hat ■ Von Thomas Winkler

Gleich drei Filme von Johnnie To (oder auch Johnny To Kei-Fung) finden sich im Programm des Forums. Aber das ist keine Werkschau oder Mini-Retrospektive, das ist Hongkong. Alle drei entstanden 1999: Ein vielleicht nicht durchschnittlicher Ausstoß für einen Regisseur in Hongkong, aber auch kein unüblicher.

Abgesehen vielleicht von Tsui Hark, Jackie Chan oder John Woo gab und gibt es in Hongkong kaum die Regiestars westlicher Prägung, die stetig um ein Thema kreisen oder an ihrem speziellen Stil feilen. Verbreiteter sind die eher namenlosen Handwerker, die beim Fernsehen die Grundlagen erlernten, die dem Prinzip des schnellen, kostengünstigen Produzierens entgegen kommen: arbeitsam, bescheiden, technisch versiert und vor allem in allen Genres zu Hause, und diese Eigenschaften treffen auch auf Hark und Chan zu. Der 44-jährige To ist der Prototyp dieses klassischen Hongkong-Regisseurs: Von ultrabrutaler Action („The Big Heat“, 1988) über parodistische Historienschinken („Justice, My Foot“, 1992), einer Bad-Girls-Hymne im Comic-Stil („Heroic Trio“, 1993, auch im Forum) und dem Cop-Thriller ( „Loving You“, 1995) bis zum Feuerwehrdrama („Lifeline“, 1997) hat er alles in seinem Bauchladen.

Auch seine drei Filme aus dem letzten Jahr decken ein unglaublich breites Spektrum ab. Das selbstironische Juwelendieb-Epos „Aum Jin – Running Out Of Time“, das mit den Hollywood-Vorgaben des Genres ebenso spielt wie mit den längst eingeführten Hongkong-Brechungen, ist denkbar weit entfernt vom streng ritualisierten Triaden-Thriller „Cheung Fo – The Mission“. Hier wird die Unterwelt als edle Fortsetzung des Feudalismus gefeiert: Zwischen den fünf gnadenlos eindimensional gezeichneten Leibwächtern des Bosses entsteht auf der Grundlage professionellen Respekts zuerst Loyalität und dann Freundschaft. Kurz gesagt: Wer gut töten kann, mit dem kann man auch gut einen saufen. Die Außenwelt, die Polizei kommt in diesem hermetisch abgeschlossenen System gar nicht vor, und Frauen nur als Störenfriede, wenn sie die Männer in Loyalitätskonflikte bringen. Also wird die Frau erschossen und die Welt wieder in Ordnung gebracht. Das ist archaisch, aber hat herrliche kalt-blaue Bilder und wundervoll komponierte Schwebezustände vor den Schusswechseln.

Ein entgegengesetztes, um Realismus bemühtes Bild der Triaden zeichnet To in „Zaijian A Lang – Where A Good Man Goes“. Zwar regnet es auch hier in stahlblauen Bindfäden, aber hier wird verhandelt, wie die Triaden dann doch ins ganz normale Leben einbrechen. Und nicht zuletzt wird die Frage gestellt, was nach der Unterwelt-Karriere kommt – eine Thematik, der sich To bereits in „All About Ah Long“ (1990) widmete. Während der Zeit im Knast haben andere den Platz des Ex-Gangsters eingenommen, die zivilen Alternativen aber scheinen durch seine recht körperlichen Kommunikationsformen zwangsläufig zu scheitern. Auch wenn am Schluss das Fazit steht, dass ein liebendes Herz noch aus dem bösesten Gangster eine erfolgreiche Rehabilatationsmaßnahme machen kann, schildert To die Metamorphose doch in schmerzhafter, fast neorealistischer Klarheit.

Johnny To: „Where A Good Man Goes“. Heute, 24 Uhr, Delphi, 11. 2., 12.30 Uhr, CineStar 5 am Potsdamer Platz, und 22 Uhr, CineStar 8. „Running Out Of Time“. 13. 2., 0.30 Uhr, Delphi; „Cheung Fo – The Mission“, 14. 2., Delphi. Weitere Termine: www.berlinale.de