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Paladine und Schleimlinge

Manchmal kauft man sich komische Zeitungen, um zu lesen, was die Leute so denken. Dabei weiß man natürlich, dass sie das vermutlich gar nicht so tun – aber es ist interessant zu lesen, was Journalisten schreiben, von denen man denkt, dass sie sich darum bemühen, das aufzuschreiben, von dem sie denken, dass der Leser es denkt. Oder – um den Begriff des Rechtspopulismus zu streifen – das aufzuschreiben, von dem sie denken, dass es der Leser gerne denken würde, sich aber nicht traut. Meist wird man eher enttäuscht. Etwa, wenn man sich in der Nacht des bisher letzten schwarzen Freitags der CDU die B. Z. wegen ihres stimmigen Aufmachers – „CDU-Schatzmeisterin: Klinik, Tiefschlaf, Selbstmordgerüchte“ – gekauft hat und dann im dazugehörigen Artikel eigentlich nichts passierte.

Dafür, sozusagen als Entschädigung, traf ich später auf einer Party Marc Wohlkrabe, den Herausgeber des Berliner Veranstaltungsmagazins Flyer. Ich fragte den flotten, sowohl szene- als auch CDU-nahen Jungunternehmer, ob er die Spendenaffäre auch so menschlich anrührend fände, und dachte an Schäuble und Blümchen, die ja in jeder neuen Folge irgendwie tragisch-sympathischer wirken. Tatsächlich sagte Wohlrabe etwas von „Sumpf austrocknen“, dass die „alte Riege“ weg müsse, und dass er gerne eine „Partei der Pragmatiker“ gründen würde.

Irre! So reden die Leute! Man steht da ganz normal rum und möchte ein normales Gespräch führen und da sagt einer, der auch ganz normal aussieht, was von „Sumpf austrocknen“. Übrigens: „Würde die CDU auf stabilem Grund statt im Spendensumpf stehen, wäre diese Idee nicht eine Schlagzeile wert“ und „Wir müssen raus aus dem Sumpf“ und „Ich war nie ein Duzfreund von Kohl, habe auch nie zur Schar seiner Paladine und Schleimlinge gehört.“ Sagt Peter-Michael Diestel. Detlef Kuhlbrodt