Neue Buchpreisbindung in Sicht

Der Kompromiss zwischen EU-Kommission und Buchhandel sieht vor, die alte Regel bis Ende Juni durch eine wettbewerbsverträgliche zu ersetzen ■ Aus Brüssel Daniela Weingärtner

EU-Kommission und deutscher Buchhandel haben die „Unendliche Geschichte“ zur Buchpreisbindung zugeklappt. Mario Monti hat einen freundlichen Brief an den Börsenverein des Deutschen Buchhandels geschrieben, in dem er das Kompromissangebot der Verlage, je getrennte nationale Preissysteme für Österreich und Deutschland zu schaffen, „grundsätzlich“ akzeptiert.

Der deutsche Buchhandel zeigt sich zufrieden. Erste öffentliche Reaktionen machen aber deutlich, dass über die heiklen Punkte noch nicht geredet worden ist. Der Sprecher des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Eugen Emmerling, nannte gestern den Monti-Brief einen „Durchbruch“, da er ausdrücklich zulasse, dass österreichische Importeure Preise für deutsche Bücher festlegen und dem Handel vorschreiben. Die Importe machen 80 Prozent des österreichischen Buchmarkts aus.

Monti wollte sich auf Details nicht festlegen. Er werde jedes System akzeptieren, das die Grundsätze des EU-Wettbewerbsrechts nicht verletze. Was die Einzelheiten angehe, halte er sich an einen alten Churchill-Spruch: „Es ist sehr schwer, das Aussehen eines Elefanten zu beschreiben. Man erkennt ihn aber sofort, wenn man ihn sieht.“ Bei diesem Spruch müsse Churchill die Buchpreisbindung im Sinn gehabt haben.

Bis zum 31. 3. müssen die nationalen Verlegerverbände in Brüssel konkrete Vorschläge vorlegen, wie sie die neue Regelung gestalten wollen. Bis Ende Juni muss das derzeitige System abgeschafft sein. Zur Lage in Österreich gefragt, wo die neue Regierung das geplante Buchpreisgesetz vielleicht zurückziehen will, sagte Monti: „Österreich kann sich eine private vertragliche, eine gesetzliche oder gar keine Regelung überlegen – eine vierte Möglichkeit sehe ich nicht.“ Die Frist werde wegen des Regierungswechsels keinesfalls verlängert.

Börsenvereinssprecher Emmerling nannte Montis Vorschlag den „Einstieg in eine dauerhafte Lösung. Was im deutschen und österreichischen Wettbewerbsrecht schon seit den 60er-Jahren gilt, kann nun europaweit angewandt werden.“ Der Internet-Buchhandel, so Emmerling, gehöre zum grenzüberschreitenden Bereich und sei damit bindungsfrei. „Das ist aber kein Thema, das an die Substanz des Buchhandels geht. Es wird für die nächsten Jahre ein Randbereich bleiben.“

Das scheint die Kommission anders einzuschätzen. Welch zentralen Stellenwert sie dem elektronischen Handel beimisst, zeigt eine Anfrage, die letzte Woche dem US-Computermulti Microsoft zugestellt wurde. Die Kommission will Klarheit über das neue Operationssystem Windows 2000, das am 17. Februar in den Handel kommen soll.

Andere Software-Hersteller, Internet-Provider und E-Commerce-Unternehmen hatten bei der Kommission Bedenken angemeldet, das neue System könne Microsofts marktbeherrschende Stellung verfestigen. Windows 2000 laufe nur in Kombination mit anderen Microsoft-Produkten wie Internet Explorer. Jeder Nutzer werde damit auf Produkte dieses Unternehmens festgelegt und könne nicht mehr frei zwischen mehreren Anbietern unterscheiden.

Innerhalb von vier Wochen muss das Unternehmen in Brüssel eine Antwort vorlegen. Auch hier zeigt sich Mario Monti als würdiger Nachfolger des unerbittlichen Karel van Miert. Auf die Frage, ob damit unter Umständen der Start von Windows 2000 auf dem europäischen Markt verzögert wurde, antwortete er, das sei nun wirklich nicht sein Problem.