Zur Beerdigung lieber aufs Land

Steuerzahlerbund rügt „gigantische“ Verschwendung von Steuergeldern für Treptower Krematorium. Dieses ist den Berlinern zu hässlich und zu teuer ■ Von Frauke Niemeyer

Das neue Krematorium in Treptow ist nach Ansicht des Bunds der Steuerzahler (BdSt) eine gigantische Verschwendung von Steuergeldern. Der Bau war 1994 europaweit als Leasingmodell ausgeschrieben worden mit dem Ziel, kostengünstiger, zügiger und mit höherer Qualität zu bauen. Der private Investor VR Leasing bekam den Zuschlag.

Nun kostet der hochmoderne Betrieb den Bezirk Treptow und das Land Berlin nach Informationen des BdSt jährlich 5 Millionen Mark Leasingrate, zuzüglich 8,3 Prozent Rendite. Einer der Hauptgründe für die Unwirtschaftlichkeit: Die Berliner lassen die Leichen ihrer Angehörigen lieber im Umland bestatten – wo es schöner und kostengünstiger ist.

Land und Bezirk werden nach Ablauf des 30 Jahre gültigen Leasingvertrags etwa 150 Millionen Mark für das Krematorium bezahlt haben, 90 Millionen Mark mehr, als es den Investor gekostet hat. Der pompöse Betonbau wurde vom Architekten Axel Schultes gestaltet, der auch das Bundeskanzleramt entworfen hat. Im Mai vergangenen Jahres wurde das Gebäude nach etlichen Verzögerungen aufgrund baulicher Mängel in Betrieb genommen.

Schon in der Planungsphase hatte der Verband der deutschen Bestattungsunternehmen vor dem Bau gewarnt: Das neue Krematorium sei viel zu groß dimensioniert. Es wirke erschlagend. Akzeptanzprobleme der Bevölkerung seien zu erwarten.

Die Befürchtungen haben sich bewahrheitet. Bei einer durchschnittlichen Trauerfeier kommen zwischen 20 und 40 Gäste. Da wundert es nicht, dass die große Trauerhalle mit Platz für 400 Menschen nur selten benutzt wird. Trauerfeiern für Prominente mit entsprechend hohen Gästezahlen finden in der Regel im Berliner Dom oder der Nikolaikirche statt.

Nach Ansicht des Pressesprechers des Bestattungsunternehmens Grieneisen, Rolf-Peter Lange, liegt die geringe Auslastung unter anderem in der „kalten“ Architektur begründet. „Dieser Betonklotz vergrößert den Schmerz der Trauernden, anstatt Trost zu bieten.“ Hinzu komme das Problem der dezentralen Lage. „Die Familien, die im Krematorium Treptow Bestattungen durchführen lassen, kommen aus dem Bezirk und gehen aus Tradition in ihr Krematorium. Aus Mitte kriege ich da niemanden hin.“

Die geringe Akzeptanz bei den Bürgern macht sich auch in konkreten Zahlen bemerkbar. Während der Betrieb für 13.000 Kremierungen jährlich konzipiert ist, fanden laut BdSt bisher durchschnittlich nur 460 Einäscherungen pro Monat statt.

Die Kosten für die Angehörigen belaufen sich wie bei allen Berliner Krematorien auf etwa 520 Mark. Da viele Trauernde nicht bereit sind, diesen Betrag für eine Beerdigung in derart kaltem Ambiente zu zahlen, lassen sie ihre Toten im Umland einäschern. „Die Leute fahren dann eben nach Potsdam, Dessau oder Halle zur Beerdigung“, sagt Rolf-Peter Lange. Das Krematorium Treptow hingegen ruht in Frieden.