Boykott ist nur ein Schmäh

Skiurlaub umbuchen wegen Haiders Jörg? Kommt für die HamburgerInnen gar nicht in Frage. Gerodelt wird, wo Schnee liegt  ■ Von Peter Ahrens

Darf man als aufrechte DemokratIn noch den Vorarlberg herunter rodeln? Ist das Wedeln im Tiroler Tiefschnee noch irgendwie moralisch gedeckt? Ist die teuer erstandene Eintrittskarte für die Salzburger Festspiele bei Stehempfängen noch ein gutes Gesprächsthema zum Angeben? Das sind so Fragen. Die sich HamburgerInnen aber offenbar nicht stellen – oder wenn sie sie sich stellen, mit einem klaren Ja beantworten. Bei Reisebüros und Veranstaltern in der Stadt ist Österreich so gut gefragt wie eh und je. Ski und Rodel bestens – Boykott wegen Haider? Wohl nur ein Schmäh.

„Das interessiert den egoistischen Deutschen offenbar gar nicht“, sagt Anke Meyer vom Veranstalter Karow Sportreisen an der Bramfelder Chaussee. Schneesicherheit, gut ausgebaute Pisten, der Jagertee mit Schuss am Abend – danach wird das Skigebiet ausgesucht, nicht nach rechter Regierungsbeteiligung. „Problematisch ist das schon“, findet Wolfgang Simon von Junges Reisen Hamburg, die KundInnen haben offenbar weniger Probleme damit. Das Reisebüro Weinacht am Rahlstedter Bahnhof hat „weiterhin fleißig Österreich-Buchungen in den letzten Tagen“ eingeholt, und die Austria-Kataloge gehen auch weg wie warme Wiener Semmeln.

In den Reisebüros ist man sich einig: Das liegt auch daran, dass der Wolfgangsee und das Ötztal, Gal-thür und das Zillertal die klassischen Reiseziele von Stammkunden sind. Wer zehnmal in die Alpen fuhr, lässt sich auch vom elften Male so schnell nicht abbringen. „Einmal Österreich, immer Österreich, so denken ganz viele“, ist man bei Weinacht ganz sicher. Oder wie es bei Thomas Cook am Mittelweg lakonisch heißt: „Politik hin oder her, das interessiert die Leute nicht.“ Wenn noch dazu kommt, dass ein Stornieren der Skireise aus politischem Bewusstsein heraus zwar moralisch gut kommt, aber finanziell nichts bringt. Es gibt kein Geld zurück, der gebuchte Urlaub muss trotzdem bezahlt werden. Und: „Die Leute sind ja auch etwas träge, das darf man nicht vergessen.“

„Österreich gehört nach wie vor zu den beliebtesten Ländern“, kann auch Ingo Rabe vom Reisebüro Sunwave, das Skireisen als einen Schwerpunkt ihres Angebotes hat, überhaupt nichts an Reise-Unbehagen feststellen. Und Klara Möller vom Reisebüro Österreich-Ungarn kann bisher nur sagen: „Die Leute sind froh, wenn sie ihren Skiurlaub buchen können.“ Kein Mucks wegen Haider, von KundInnen sei das Thema noch nicht einmal angesprochen worden.

Business as usual auch beim Hamburger Alpenverein. „Wir sind laut Satzung überparteilich und halten uns aus der Politik raus“, bügelt der Vorsitzende Helmuth Rüpke gleich alle Bedenken flach. Mit den Betreibern der österreichischen Hütten, die der Alpenverein nutzt, habe man „immer bestes Einvernehmen gehabt, und das wird sich auch nicht ändern“. Man habe ja schließlich eine Verantwortung für die Leute dort: Wenn man nicht mehr käme, fehlten dort die Einnahmen. „Und die Leute können sich ja nicht aussuchen, von wem sie regiert werden“, sagt Rüpke. Das nenne er eine Bestrafung der Falschen: „Das sind ja teilweise arme Bauern, die auf das Geld angewiesen sind.“ Nach Lawinen-Unglücken sei es ja auch nicht richtig, das ganze Ski-Urlaubsland deswegen künftig zu meiden. Im übrigen wünsche er sich „ein bisschen mehr Gelassenheit“ beim Thema Haider.

„Wenn sie in den Ferien sind, wollen die Leute von Politik nichts wissen – das ist nun mal so“, da herrscht Übereinstimmung unter den Hamburger Reiseverkäufern. Umbuchen wegen der FPÖ, Norwegen statt Österreich, Schwarzwälder Kirsch- statt Sacher Torte, Schöneberger statt Wiener Sängerknaben? Ah woas, geh, schleich di. Darauf einen Heurigen.