Großer Stoffelch, kleiner Mercedes

■ Die Glocke informierte über ihre Reihe „Familienkonzerte“. Am Sonntagmorgen schon kommt Paddington, der Bär

Beim letztjährigen Musikfest gab es einige Veranstaltungen, die ein Gespür dafür, was in bezug auf das Sponsoring noch geht und was nicht, haben vermissen lassen: Kaffee- und Wolldüfte zum Beispiel, verbunden mit geradezu aufdringlicher Nennung der Firmen. Der negative Höhepunkt war da die Aufführung von Beethovens neunter Sinfonie auf der Lürssen-Werft. Aber machen wir uns nichts vor, wir werden uns daran gewöhnen (müssen), so wie auch jetzt in der Glocke bei der Pressekonferenz anlässlich der neuen Kinder- und Familienkonzerte: ein kleiner schicker Mercedes in der Eingangshalle, begeh- und bekrabbelbar, ein großer Stoff-Elch und viele viele Luftballons.

Die fünf dazu gehörigen Konzerte wurden von der Glocke-Geschäftsführerin Ilona Schmiel und dem Glocke-Team wieder mit enormer Kraft gestemmt. Der Erfolg dieser Konzertreihe im letzten Jahr war groß und für viele Familien erschwinglich bei einem Spottpreis von elf Mark für Kinder, 22 Mark für Erwachsene und 55 Mark für eine vierköpfige Familie.

Es macht das Besondere dieser Reihe aus, dass sie keiner Vorstellung von dem, was Musik für Kinder sein könnte, unterworfen ist. Im Gegenteil: Unterschiedlichste Konzepte mit den unerschiedlichsten MusikerInnen werden umgesetzt. Diesesmal neu dabei ist zum Beispiel Alexander Baillie von der Hochschule für Künste mit seinen acht Cellostudenten. Die tingeln sowieso schon erfolgreich durch die ganze Welt und waren nun – dieses Auftakt-Konzert hat bereits stattgefunden – mit „Das Cello und andere Tiere“ zu hören.

Am kommenden Sonntag erzählt Hans Jürgen Schatz, der solche Projekte längst zu einer Herzensangelegenheit gemacht hat, „Paddington Bär“. Auf der Suche nach dem Komponisten der „Unvollendeten“ ist die Konzertmeisterin des Philharmonischen Staatsorchesters, Annette Behr-König, mit von der Partie (13. Februar, 11.30 Uhr, für Kinder von sechs bis zwölf Jahren).

Am 4. März präsentiert die Deutsche Kammerphilharmonie und das Clowntrio „Extra-Mix“ mit Dieben, Bettlern und Banditen die „Dreigroschenoper“ für Kinder nach der „kleinen Dreigroschenmusik“, die Weill ziemlich schnell nach der Uraufführung 1928 wegen des großen Erfolges verfasst hat. „Es geht“, so Matthias Jäger von der Kammerphilharmonie, „nicht um die kindgerechte Aufbereitung eines Erwachsenenstoffes, sondern ganz einfach darum, tolle Musik anders anzugehen“ (4. März, 11 Uhr, für Kinder ab 10 Jahren).

Am 28. Mai ist in der Glocke unter dem Titel „Mit Pauken und Trompeten“ mit über 50 Instrumenten alles zu hören und auszuprobieren, was man sich so unter Bläsern vorstellt (11 Uhr, für Kinder ab vier Jahren). Für den 28. Oktober stellt der Leiter der Jugendmusikschule, Heiner Buhlmann, erneut sein internationales Jugendsinfonieorchester zusammen, mit dem er im letzten Jahr einen unglaublichen Erfolg errang. Dies aber weniger musikalisch: Jugendliche aus zwölf Ländern probten zehn Tage lang zusammen und erlebten natürlich auch noch einiges mehr (20 Uhr, für Kinder ab 12 Jahren).

Wie unangepasst und innovativ – Ausnahmen bestätigen die Regel – diese Reihe sein will und kann, war dann zuletzt an der Konzeptvorstellung des Fagottisten Wolfgang Rüdigers festzustellen, Professor für Musikpädagogik an der Hochschule für Künste. Er plant für 2001 zusammen mit dem Oboisten Christian Hommel einen „Streifzug durch die Musik des 20. Jahrhunderts“. Nanu? Für Kinder? „Kinder machen mit ihrem Körper, ihren Lauten, ihrer Kommunikation Neue Musik von Anfang an“, sagte er begeistert. Man darf gespannt sein, ob sein Weg, Kinder zum Musikhören zu bringen, aufgehen wird.

Ute Schalz-Laurenze

Weitere Informationen zu den Familien- und Kinderkonzerten können erfragt werden unter 33 66 99 oder im Internet: www.glocke.de eingesehen werden